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Mobile Culture Studies | >mcs_lab> 1 (2020)
Christine Fürst | Die Wiener „Mahü“ rund um die Uhr 89
Shared Space oder eine Mischform von beidem – vorgelegt wurden. Damit wurde ein langer
Weg der Entscheidungsfindung mit politischen Auseinandersetzungen, Streikdrohungen, Bür-
gerbefragung und auch Bürgerprotesten für oder gegen die Umgestaltung bzw. Umwidmung
dieser Straße eingeleitet.15 Die umfangreichen Planungsmaßnahmen in der Stadt konnten nur
mit einer proaktiven Öffentlichkeitsarbeit und der Einbeziehung der Bevölkerung der Bezirke
Mariahilf und Neubau erfolgen. Die Stadt Wien hatte sich daher bei der Neuorganisation und
Umgestaltung der Mariahilferstraße um einen intensiven Dialog mit den Bürgerinnen und
Bürgern bemüht. Die Bevölkerung war aufgefordert, sich zusätzlich über das geplante Projekt
zu informieren und auch an dessen Gestaltung mitzuwirken.16
Eine Volksbefragung der angrenzenden Bezirke sollte die Bürgerinnen- und Bürgerwün-
sche deutlich machen. Diese Form der „Direkten Demokratie“ verfügt in Österreich über
keine eigentliche Rechtsgrundlage, so dass die Entscheidungsgewalt über eine Umgestaltung
noch immer bei den gewählten Politikern
lag. Über Monate war die Frage der Umge-
staltung eines der Top-Themen in Wien. Im
März 2013 wurde ein „Miniprobebetrieb“
einer Fußgängerinnen- und Fußgängerzone
über eine Länge von einhundertzwanzig
Metern eingerichtet. Die Oppositionspar-
teien orteten neben den „offenen Fragen“
auch ein „Chaos auf der Mariahilfer Straße“,
das es zu beseitigen gelte. Zwischenzeitlich
kam es dabei auch zum Schlagabtausch
zwischen den Koalitionspartnern. Der Bür-
germeister verlangte nach einer raschen
Lösung und stellte am 15. Oktober 2013
dann in Aussicht, dass die Anrainer_innen
diese Verkehrsberuhigung bei der geplanten
Befragung im Frühjahr 2014 auch ablehnen
könnten. Ein „Nein“ sei verbindlich und bedeutete gewissermaßen das Ende des Projekts. Mit
der Flucht in die „Direkte Demokratie“ übertrug der Bürgermeister die Verantwortung auf
das wahlberechtigte Volk. Bei der Befragung im Frühjahr 2014 stimmten schließlich 53,2 %
der Wahlberechtigten für den verkehrsberuhigten Ausbau und für die Gestaltung eines neu
zu schaffenden öffentlichen Raumes.17 Planungsabsicht der Stadt Wien war, dass die Maria-
hilfer Straße durch die Umgestaltung auch in Zukunft den vielgestalten Anforderungen als
Wohngebiet, Einkaufsstraße und Verkehrsader gerecht werden müsse. Vorzugsweise ging es
der Stadtregierung, wie es in der Stadtentwicklungsstudie des Magistrats Wien heißt, um die
innerstädtische Verkehrsberuhigung und die Rückeroberung von öffentlichem Raum sowie
auch um mehr Platz für zu Fuß Gehende mit hoher Aufenthalts- und Nutzungsqualität. Der
Schwerpunkt der Wiener Stadtpolitik lag auf einer „Stadtstraße von morgen“, als „Ort mit
15 Vgl. „Mahü“ Magazin: www.wien.gv.at/stadtentwicklung/studien/pdf/b008433.pdf (Zugriff 29.11.2018).
16 Vgl. ebd.
17 Vgl. Chronik Mahü: www.wien.orf.at/tv/stories/2597212/ (Zugriff 15.09.2018).
Abb. 3: Die „Mahü“ am Vormittag
Quelle: MAHÜ: www.wien.gv.at/stadtentwick-
lung/studien/pdf (Zugriff 05.12.2018).
>mcs_lab>
Mobile Culture Studies, Volume 1/2020
The Journal
- Title
- >mcs_lab>
- Subtitle
- Mobile Culture Studies
- Volume
- 1/2020
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2020
- Language
- German, English
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 108
- Categories
- Zeitschriften Mobile Culture Studies The Journal