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Mobile Culture Studies | >mcs_lab> 1 (2020)
Daniela Sobocan | „Parklets“ in Wien 107
den: „Das Aufstellen von Kisten, Brettern, Tafeln u. dgl. auf Parkflächen ist unbeschadet der
Bestimmungen des Abs.Â
1 bis 6 verboten.“29
In Graz hatte ein Projekt namens „USE A LOT“ im Rahmen des Architektursommers im
Jahr 2018 rechtlich keine Möglichkeit, etwas auf den Parkplätzen zu kreieren. Denn die Aktion
hätte nur als Informationsstand angemeldet werden können und auch nur an zentralen Orten
wie der Herrengasse, wo es keine Parkplätze gibt und wo die Intervention daher keinen Sinn
macht. Die „InterAktion“ fand trotzdem statt und verschiedene Parkplätze in Graz wurden mit
LiegestĂĽhlen, Sonnenschirmen und Pflanzen zur Erholungszone umfunktioniert und Vorbei-
gehende waren dazu eingeladen, sich hier niederzulassen und ĂĽber die Stadt zu diskutieren.30 In
beiden Fällen wird bzw. wurde das Projekt durch Drittmittel gefördert: in Wien von der Loka-
len Agenda 21 und in Graz durch die Staatliche Akademie der bildenden KĂĽnste in Stuttgart.
Im Falle einer Förderung kann der jeweilige Fördergeber allerdings auch die Richtlinien und
Rahmenbedingungen vorgeben, um Sicherheitsbestimmungen einzuhalten oder um Unmut zu
vermeiden wie zum Beispiel die Größenbeschränkungen bei Parklets sowie ihre Anzahl in einer
näheren Umgebung. Das bedeutet aber auch, dass jede Parklet-Aktion mit organisatorischem
Aufwand verbunden ist, weil es nicht möglich ist, direkt etwas auf die Parkplätze zu stellen, wie
zum Beispiel Liegestühle. Das führt dazu, dass sich eher mit Förderungsprogrammen erfah-
rene Personen an das Projekt „Parklet“ wagen, auch wenn das Förderungsprogramm nicht nur
finanzielle Leistungen anbietet, sondern ebenso Hilfestellungen in diesen Belangen.
Die große Stärke der Parklets liegt zusammengefasst also darin, Selbstverständlichkeiten zu
hinterfragen. Nach Lucius Burckhardt „[werden uns] die Fehler der Innenstädte […] insofern
nicht mehr bewuĂźt, als sie Bestandteil unseres Alltags geworden sind und damit gar nicht mehr
als veränderbar angesehen werden.“31 Zudem besteht das Problem nicht darin, dass die Stadt zu
wenig Plätze für Freiraum hat, sondern dass diese nicht für individuelle oder kollektive Nut-
zungen offenstehen. Für Burckhardt besteht die Lösung darin, die Straßen wieder in Besitz zu
nehmen.32 Parklets, so möchte ich als Fazit hinzufügen, könnten eine solche Initiative für mehr
städtischen Freiraum sein – wenngleich, wie sich am Beispiel der zahlreichen Bestimmungen in
Wien zeigt, nur innerhalb der von einer Stadt vorgegebenen Regeln.
29 Straßenverkehrsordnung: Benützung von Straßen zu verkehrsfremden Zwecken. § 82. Bewilligungspflicht (7).
30 https://usealot.eu/ [10.03.2019]
31 Lucius Burckhardt: Die Kinder fressen ihre Revolution: Wohnen – Planen – Bauen – Grünen. Köln 1985. S. 115
32 Vgl. ebd., S. 203.
>mcs_lab>
Mobile Culture Studies, Volume 1/2020
The Journal
- Title
- >mcs_lab>
- Subtitle
- Mobile Culture Studies
- Volume
- 1/2020
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2020
- Language
- German, English
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 108
- Categories
- Zeitschriften Mobile Culture Studies The Journal