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Mobile Culture Studies The Journal
Mobile Culture Studies - The Journal, Volume 1/2015
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Mobile Culture Studies. The Journal 1 2o15 Sabine August | Schweizer auf dem Weg nach Amerika 87 Gefühle der Immigranten und Immigrantinnen beim Anblick der freiheitsstatue im New Yor- ker hafen nachempfinden. Aufgrund der mir vorliegenden Reiseberichte und Briefe von Schweizern konnte die See- reise als Übergangserfahrung jedoch kaum nachgewiesen werden. hierzu beziehe ich mich hauptsächlich auf die gesammelten Berichte von Schweizer Autoren und Autorinnen wie Leo Schelbert und hedwig Rappolt (2009) sowie Eveline hasler (1985). Auch «Der Kolonist“, das Organ zum Schutze, Beistand und Belehrung schweizerischer Auswanderer“ bzw. das «Organ für die schweizerische Auswanderung“, das zwischen 1851 und 1857 erschien, ist eine weitere wichtige Quelle (siehe Abb. 2). Dabei wird deutlich, dass es auf einer Schiffsreise praktisch keine Muße gab, die Reise als Übergangserfahrung zu erleben oder sich ernsthaft über Abschied und Neuanfang Gedanken zu machen. In meinem Beitrag werde ich dies genauer beleuchten. Das Auswanderungsverhalten und -erleben ist ein vielschichtiger Prozess, der sich zwischen zwei gegenüberliegenden Polen bewegt: nämlich dem Verlassen der bekannten und vertrauten Lebenswirklichkeit und dem Übertritt in ein unbekanntes Territorium mit fremden Regeln und Gesetzen. Dazwischen besteht ein lang anhaltender Schwebezustand. Es gilt nämlich phy- sisch eine längere Wegstrecke zurückzulegen und dabei eine emotional wechselhaft verlaufende Übergangsperiode zu vollziehen. Bevor es jedoch zur Entscheidung einer Auswanderung kam, mussten sich die persönlichen Gründe der Auswanderungswilligen zugespitzt haben. In der Schweiz waren die alpinen Regionen von der Auswanderung besonders stark betroffen, so vor allem das Tessin, Graubünden, Glarus, das Berner Oberland und das obere Wallis. Die wirt- schaftliche Tragfähigkeit dieser Gebiete war so schwach bzw. die Belastung durch das Bevöl- kerungswachstum so stark, dass die bescheidene Existenzbasis beim Auftreten von Missernten, Überschwemmungen und anderen Katastrophen leicht zerstört wurde. Die aufkommende Industrie konzentrierte sich auf wenige Regionen und war noch nicht genug entwickelt, um die „überschüssige“ Landbevölkerung und die heimarbeiter aufzunehmen. Vor allem in Zei- ten landwirtschaftlicher Krisen und kriegerischer Auseinandersetzungen litt die Bevölkerung unter großer Not und Entbehrungen wie Armut, hunger und Verzweiflung. Aber auch poli- tische und soziale Gründe wie der Wunsch nach freiheit, sozialer Gerechtigkeit und Selbst- verwirklichung waren während mehrerer Jahrhunderte starke Motive, um ernsthaft über eine Auswanderung nachzudenken. Nicht ganz zu vernachlässigen sind ebenfalls solche Auswande- rungswilligen gewesen, die keinen Verpflichtungen mehr nachzugehen gedachten oder denen eine Gefängnisstrafe drohte. Meist förderten viele Schweizer Kantone die Auswanderung, um auf diese Weise einer stark ansteigenden finanziellen Unterstützung ihrer Bevölkerung zu ent- gehen. Auch das Alter und der Zivilstand spielten eine bedeutende Rolle. Denn neben der äußeren Situation bedurfte es zusätzlich der Bereitschaft zum Risiko und dem Wagnis alles hinter sich zu lassen sowie Mut etwas gänzlich Neues zu beginnen. Das Abwägen von Vor- und Nachteilen die heimat zu verlassen ist der rationale Teil des Prozesses. Den letzten Ausschlag zu dem Entschluss wegzugehen gaben sicherlich Beschreibungen in Briefen von ausgewanderten Verwandten und freunden sowie gezielte Anwerbungen, verlockende Inserate und informative Reise- und Länderratgeber, die es bereits seit Ende des 18. Jahrhunderts gab und einen Neu- anfang nicht gänzlich unvorbereitet beginnen ließen. Um die Übergangsphase, die Reise zum Abfahrtshafen und die Atlantiküberfahrt, wird es später detailliert gehen. Eine letzte Phase des Auswanderungs- bzw. des darauffolgenden Einwanderungsprozesses waren die Unsicherheit
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Mobile Culture Studies The Journal, Volume 1/2015
Title
Mobile Culture Studies
Subtitle
The Journal
Volume
1/2015
Editor
Karl Franzens University Graz
Location
Graz
Date
2015
Language
German, English
License
CC BY 4.0
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
216
Categories
Zeitschriften Mobile Culture Studies The Journal
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