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Mobile Culture Studies The Journal
Mobile Culture Studies - The Journal, Volume 1/2015
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92 Mobile Culture Studies. The Journal 1 2o15 Sabine August | Schweizer auf dem Weg nach Amerika Berichte zur Überfahrt aus dem 19. Jahrhundert: Die Wirklichkeit einer Seereise „Ich wacht‘, und ich träumte von der kühnen fahrt auf der Zukunft Ozean!“ (Klopstock 1781 [1831: 59]) Doch das, was die Auswanderer auf der Seereise erwartete, konnte sich keiner vorab konkret vorstellen, sowohl was die Dauer der Reise als auch die Verhältnisse an Bord und der fast tägliche Kampf mit den äußeren Gegebenheiten betraf. Mehrere Reiseberichte aus dem 19. Jahrhundert, die ich im folgenden zur Argumentation heranziehe, beschreiben dezidiert, wie diese täglichen Auseinandersetzungen mit den Wetterverhältnissen, den hygienischen Bedin- gungen, dem Nahrungsangebot, den persönlichen Befindlichkeiten und dem Verhalten der Mitreisenden erlebt wurden. Ein anonymer Briefeschreiber (1848, in Schelbert & Rappolt 2009: 201ff) erwähnt kri- tisch die Zwischendeck-Passagiere, die seiner Ansicht nach aus einer Gesellschaft von Kom- munisten bestehe und in Texas eine utopische Koloniegründung plane. Gleichzeitig beklagt er die Ausbeutung der mittellosen Schiffspassagiere durch zu hohe Überfahrtspreise und die teilweise schlechte Versorgungslage mit verdorbenen Nahrungsmitteln. Auch die herzlosigkeit und Tatenlosigkeit der Verantwortlichen der verschiedenen Auswanderungsstaaten gegenüber Willkür und Wucherpreisen klagt er an. Matthias Dürst (1845, in Schelbert & Rappolt 2009: 193ff) beschreibt ebenfalls die hohen Kosten, die bereits auf der fünfzehntägigen Anreise von Diesbach im Kanton Glarus über Basel und Köln zum Abfahrtshafen bei Amsterdam durch habgier der Wirtshausbesitzer und durch die zahlreichen Etappen mit teilweise schlechter Kost und Logis anfielen. Er erwähnt zudem die falsche freundlichkeit geldgieriger Geschäftsleute. Doch auch das Gegenteil ist ihm jeweils eine Bemerkung wert. Vor allem aber ärgert ihn der Geiz der Diesbacher Gemeinderatsmit- glieder, die den Auswanderungen zwar zugestimmt und diese per Beschluss vom April 1844 ausreichend finanziell zu unterstützen hatten. Doch erhielten die Betroffenen nicht genügend Geldmittel für ihre gesamten Reiseauslagen nach Übersee. Ein weiterer anonymer Berichterstatter (1806, in Schelbert & Rappolt 2009: 178ff) beschreibt eine zu jener Zeit noch nahezu vier Monate andauernde Überfahrt mit zu vielen Personen an Bord auf einem kleinen Schiff. Durch starken Gegenwind, heftige Stürme aber auch Windstille wurde das Segelschiff sehr verlangsamt, war also stark den äußeren Bedingungen ausgesetzt. Alle beschreiben, wie die damalige Atlantiküberfahrt bei der Mannschaft und den Passagieren heftige körperliche Reaktionen erzeugte, nämlich die Seekrankheit mit Schwindel und Übel- keit. Skorbut war ebenfalls ein Problem infolge des Mangels an frischer Nahrung. Auch waren die oft mageren Tagesrationen von faulem Wasser und versalzenem, halb verdorbenem fleisch zu beklagen. Das Zwischendeck Bretting (hoerder & Knauf 1992: 106ff) beschreibt atmosphärisch sehr dicht und eindrücklich, wie es den Auswanderern auf den Segelschiffen in der ersten hälfte des 19. Jahrhunderts erging. Zur damaligen Zeit hatten Schiffseigentümer nur behelfsmäßig auf die plötzlich ansteigende Nachfrage nach Passagierplätzen reagiert. In die frachtschiffe wurde ein Zwischendeck einge- zogen, in dem fortan die Masse der Auswanderer auf engstem Raum und ohne hinreichende Belüftung befördert wurde. Die Menschen wurden vom Kapitän lediglich als fracht angesehen,
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Mobile Culture Studies The Journal, Volume 1/2015
Title
Mobile Culture Studies
Subtitle
The Journal
Volume
1/2015
Editor
Karl Franzens University Graz
Location
Graz
Date
2015
Language
German, English
License
CC BY 4.0
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
216
Categories
Zeitschriften Mobile Culture Studies The Journal
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