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Mobile Culture Studies. The Journal 1 2o15
Anja Fuchs und Robin Klengel | “There are no cats in America” 131
– die einen ersten Eindruck von der pittoresken, monumentalen Architektur und Symbolik
des Landes vermitteln, während die Stadt im Meeresdunst noch schemenhaft und undeutlich
bleibt. Davor sieht man die Menge der erwartungsvollen Reisenden an Deck, die sich an der
Reling sammeln.
Das letzte, ganzseitige Bild der Schiffsreise (vgl. Abb. 3) zeigt den anlegenden Dampfer von
vorne, vor dem ein Schwarm der weißen Vögel aufsteigt. Die Perspektive betont die riesenhafte
schwarze Gestalt des Schiffes und erinnert an fotografien der Ozeandampfer aus der Zeit der
„Titanic“. An Deck des Schiffes sieht man die Silhouetten von hunderten Migrant-innen an der
Reling; kleine Details wie die sonnenförmigen Symbole an den Spitzen der Bojen zeigen an,
dass sich der Protagonist nun von der bekannten Welt – zu der der Dampfer noch gehört – in
eine andersartige Welt mit einer unbekannten formensprache begibt. Die Ăśberfahrt ist zu
Ende.
Das Bild der Ăśberfahrt, wie Shaun Tan sie darstellt, ist ein Raum im ungewissen Zwi-
schenraum. Die implizit oder explizit gezeigten Tätigkeiten drehen sich um das Warten und
Erwarten, Erinnern und Reflektieren. GefĂĽhle wie Unsicherheit und Einsamkeit werden aber
ebenso vermittelt, wie eine gewisse freiheit. Man fühlt sich klein im Vergleich zur Größe des
Schiffes, des Ozeans, der Welt. Gleichsam ist alles offen; das Abenteuer hat noch nicht begon-
nen.
Der Protagonist befindet sich im wahrsten Sinne des Wortes zwischen den Welten. Einer-
seits ist die Erinnerung an die heimat noch ständig präsent. So blickt der Protagonist auf das
Bild seiner familie, Repräsentation einer Welt, der er vor kurzem noch selbst angehörte. Ande-
rerseits tauchen erste Vorzeichen des neuen Landes auf, die Luft ist buchstäblich erfüllt von
ihnen. Die groĂźen Statuen sind gleichsam imposante Ikonen eines Neubeginns und in ihrer
Symbolik so rätselhaft, dass sie zugleich faszinierend wie verstörend wirken. Mit dem Protago-
nisten erlebt man die Schifffahrt also als Passage des Ăśbergangs in ein aufregendes Ungewisses.
„An American Tail“: Die amerikanische Geschichte einer russisch-jüdischen
Migration
„An American Tail“ ist ein im Jahr 1986 erschienener, von Don Bluth produzierter, amerika-
nischer Zeichentrickfilm, der sich auch im deutschsprachigen Raum als Zeichentrickklassi-
ker etablieren konnte. Die Protagonist-innen des filmes umfassen die fünfköpfige russische
familie Mousekewitz, bzw. ganz speziell der zweitgeborene Sohn namens fievel, nach dem
der film im Deutschen („feivel, der Mauswanderer“) auch benannt ist.1Die handlung des fil-
mes beginnt damit, dass die familie Mousekewitz beschlieĂźt, aufgrund der Verfolgung durch
Katzen in ihrer heimat, nach Amerika auszuwandern, wo man sich ein besseres, katzenfreies,
Leben erhofft. Während der Überfahrt von hamburg nach New York wird fievel jedoch von
seiner familie getrennt, entsprechend traurig gestaltet sich die Ankunft in New York. Während
die familie um den totgeglaubten Sohn trauert, sieht sich fievel mit der unlösbar scheinenden
Aufgabe konfrontiert, seine familie in der Millionenstadt wiederzufinden. Zudem stellt sich
rasch heraus, dass Amerika nicht das erhoffte Land der paradiesischen Zustände ist, denn auch
1 Im Rahmen dieses Textes haben wir uns für die im englischen Sprachraum gängigere Schreibweise des Namens,
also „fievel“, entschieden, im Deutschen wird der Name generell in der Schreibweise „feivel“ angeführt.
Mobile Culture Studies
The Journal, Volume 1/2015
- Title
- Mobile Culture Studies
- Subtitle
- The Journal
- Volume
- 1/2015
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2015
- Language
- German, English
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 216
- Categories
- Zeitschriften Mobile Culture Studies The Journal