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Mobile Culture Studies The Journal
Mobile Culture Studies - The Journal, Volume 1/2015
Page - 153 -
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Page - 153 - in Mobile Culture Studies - The Journal, Volume 1/2015

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Mobile Culture Studies.The Journal 1 2o15 David JĂŒnger | Die Schiffspassage deutscher Juden nach PalĂ€stina 153 Auf dem Schiff: das jĂŒdische Volk Diese Reise war in nahezu allen fĂ€llen ein großes Ereignis. Sie musste sehr detailliert und teilweise ĂŒber Monate vorbereitet werden. Wie schon beim Ehepaar Gertrud und Willy cohn gesehen, waren nicht nur Tickets, Visa und Devisen zu besorgen, sondern auch verschiedene andere Genehmigungen einzuholen: die wieder und wiederkehrenden obligatorischen „Stem- pel“, von denen nicht nur im cohn’schen Tagebuch die Rede ist. Mit dem Zug ging die Reise dann in die italienischen oder französischen hafenstĂ€dte, wo man sich einschiffte: auf die Mariette Pascha, die PalĂ€stina, die Tel Aviv oder eines der vielen anderen Schiffe. Und dann begann sie, die Schiffspassage, die von Italien nach PalĂ€stina etwas mehr als eine Woche dauerte und die Reisenden faszinierte. ZunĂ€chst waren es die oberflĂ€chlichen Erschei- nungen der Überfahrt, die auf die Reisenden wirkten. Martin hauser, der im April 1933 Berlin verlassen hatte und sich nun Mitte Mai auf dem Schiff nach PalĂ€stina befand, um dort einzu- wandern, notiert die EindrĂŒcke der Überfahrt in sein Tagebuch: „Ein Liegestuhl am Ende des Zwischendecks, ĂŒber mir der hellblaue himmel, darunter das dunkelblaue Meer, dessen Wellen vom Schiff durchschnitten werden, um mich herum eine ‚Masse Mensch‘. Wer kennt die Völker, nennt die Namen, die gastlich hier zusammenka- men? chaluzim mit Rucksack, kurzen hosen, offenen hemden, chassidim in schwarzen AnzĂŒgen mit KĂ€ppchen und SchlĂ€fenlocken, Mittelstandseinwanderer mit familien, richtige Touristen aus westeuropĂ€ischen LĂ€ndern [
] – Alte und Junge, Sephardim und Ashkenasim, dieses Mal mit sehr hohem Prozentsatz an flĂŒchtlingen aus Deutschland.“22 Immer wieder begegnen wir in den Selbstzeugnissen vom Schiff diesen auf den ersten Blick bloß deskriptiven Beschreibungen der Mitreisenden. In der Betonung ihrer Verschiedenheit spiegelte sich jedoch etwas anderes: die hoffnung, Ahnung oder Gewissheit, es handele sich hierbei um etwas Einheitliches – um das derzeitige und zukĂŒnftige JĂŒdische Volk. Willy cohn notierte bereits am ersten Tag seiner Reise: „Mit einem Rabbiner aus Jeruschalajim unterhalten, der zur Behandlung seiner Augen in Paris war, er spricht außer hebrĂ€isch deutsch, arabisch, französisch, jĂŒdisch. Auch mit einem chaluz aus dem hunsrĂŒck und mit einem Matrosen aus St. Malo ins GesprĂ€ch gekommen. Viele Sprachen tönen an unser Ohr und man freut sich, wenn man sich in den verschiedensten verstĂ€ndigen kann.“ 23 Auf cohns zehntĂ€giger Reise genoss er vor allem die GesprĂ€che mit den verschiedenen Mitrei- senden. Er wollte die Juden kennenlernen, die dereinst das jĂŒdische Volk in einem jĂŒdischen Gemeinwesen bilden sollten und er wollte prĂŒfen, ob das jĂŒdische Volk nicht schon jetzt bereit sei, die großen Aufgaben zu meistern, die ihm gestellt wurden. Am 21. MĂ€rz 1937 notierte er: „Nach Tisch war ich auf dem hinterdeck und habe dem Spiele der Soldaten zugesehen und mich mit den chaluzim unterhalten. [
] Neben mir saß ein Junge, der vier Sprachen 22 hauser, Martin. 1980. Shalom al Israel. Aus den TagebĂŒchern eines deutschen Juden 1929–1967 (Bonn: Bundes- zentrale fĂŒr Politische Bildung), 56. 23 Eintrag vom 18. MĂ€rz 1937, in Cohn, Kein Recht, nirgends, 386.
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Mobile Culture Studies The Journal, Volume 1/2015
Title
Mobile Culture Studies
Subtitle
The Journal
Volume
1/2015
Editor
Karl Franzens University Graz
Location
Graz
Date
2015
Language
German, English
License
CC BY 4.0
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
216
Categories
Zeitschriften Mobile Culture Studies The Journal
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