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Mobile Culture Studies The Journal
>mcs_lab> - Mobile Culture Studies, Volume 2/2020
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Mobile Culture Studies. The Journal 6 2o20 (Travel) de Almeida, MĂŒller, Wimplinger | Die Linke schaut nach Portugal 63 allenfalls fĂŒr seine genaue ErfĂŒllung besorgt zu sein“ (Koller 1958: 276). Er muss „die Worte der Pythia treu bewahr[en] [
] und nicht etwa im eigenen Interesse verfĂ€lsch[en]“ (ebd.). FĂŒr die in diesem Heft gestellte Frage nach dem Zusammenspiel von Bild, Text und Reise ist von Interesse, dass die „OrtsverĂ€nderung [
] immer mit der Theorie und den Theoroi ver- bunden [ist], so sehr, daß ÎžÎ”Ï‰ÏÎŻÎ± [teoria] fast synonym zu Reise werden kann“ (Koller 1958: 278). Die Figuren in Mantas Karikatur reisen nicht. Jedoch besuchten, innerhalb nur einer Woche, gleich zu Beginn des revolutionĂ€ren Prozesses, „Jean-Paul Sartre [und] Simone de Beauvoir, Michel Foucault, Victor Serge, Ernest Mandel [... und] Louis Althusser“ (Gomes & Castan- heira 2006: 54) das Land. Diese und zahlreiche weitere Theoretiker*innen vereinen reisend und schauend diese zwei Praktiken des Theoretisierens, deren Botschaft sie treu bewahren und unverfĂ€lscht nach Hause bringen. Kein Zweifel, die politischen und kulturellen Vorzeichen, unter denen die portugiesische Revolution und ihre internationale Rezeption in Form von Reisen stattfanden, sind von Grund auf andere als in der griechischen Antike. Die auffĂ€lligste Abweichung, die auch in Mantas Versammlung von Philosophievertreter*innen ausgedrĂŒckt ist, besteht in der Zugehörigkeit der Abgebildeten zu verschiedenen linksgerichteten Ideologien.1 Scheint es zunĂ€chst, als wĂŒrden die PortrĂ€tierten Notizen nehmen oder an einem Bericht schreiben, deutet der Titel hingegen an, dass sie mit der Lösung eines Problems fĂŒr das Land und den revolutionĂ€ren Prozess beschĂ€ftigt sind, wodurch sich die analytische Geste der Theorie in eine praktische Intention umkehrt. Die praktisch orientierten Theoretiker*innen sind die dramatis personae dieses Textes, anhand derer wir die politischen, gesellschaftlichen, ökonomischen und, im weitesten Sinne, medialen Voraussetzungen besprechen, unter denen solche Reisen in die portugiesische Revolu- tion stattfanden. Ihre individuellen Reisen lesen wir in einem breiteren MobilitĂ€tskontext unter dem Aspekt verschiedener linker SolidaritĂ€tspraktiken der 1970er Jahre, wobei auch immer Fragen der nationalen ReprĂ€sentation sowie traditionelle touristische Motive eine Rolle spielen. Trotzdem verstehen sich die reisenden Theoretiker*innen nicht als Revolutionstourist*innen, von denen man sagt, dass sie von vornherein nur wahrnehmen, was auch ihre Theorien bestĂ€- tigt. DemgegenĂŒber steht eine Art des Sehens, das sich einer sofortigen Unterordnung des Gese- henen unter ein theoretisches Modell verwehrt. Die im Zuge dieser Reisen entstandenen Texte und Bilder sind durch dieses BemĂŒhen um einen theoretisch undogmatischen Blick geprĂ€gt, das wir anhand der Berichterstattung der Zeitschrift links sowie in den Filmen Torre Bela (FR/ IT/PT/CH 1977, R.: Thomas Harlan) und Viva Portugal! (BRD/FR/PT 1976, R.: Christiane Gerhards, Serge July, Malte Rauch, Samuel Schirmbeck) analysieren. Dabei sind diese ausfĂŒhr- lich dem Thema gewidmeten Filmproduktionen von einer bloß beobachtenden Haltung weit entfernt, sie sind vielmehr an der aktiven Produktion von Situationen interessiert, in denen sich ein theoretisches Problem zeigt. Sie produzieren Wirklichkeit, aber auf unterschiedliche Weise, weshalb sie sich fĂŒr einen Vergleich anbieten. 1 Die einzige Ausnahme bildet Henry Kissinger, der US-amerikanische StaatssekretĂ€r wĂ€hrend der Zeit der Nel- kenrevolution, der wiederholt Zweifel und Bedenken hinsichtlich der linksgerichteten Politik des revolutionĂ€ren Prozesses Ă€ußerte (vgl. Gomes, Pedro & Gonçalo 2006: 95 u. 106). Rechts unten sitzend, ist Kissinger als SchĂŒler mit Eselsohren portrĂ€tiert, was auf eine gĂ€ngige Bestrafung in Klassenzimmern des Estado Novo (so der Name des portugiesischen autoritĂ€ren Regimes) anspielt. Die Eselsohren demonstrieren, dass ein SchĂŒler unfĂ€hig oder nicht gewillt ist zu lernen, was bei den Kolleg*innen GelĂ€chter hervorrufen soll.
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>mcs_lab> Mobile Culture Studies, Volume 2/2020
The Journal
Title
>mcs_lab>
Subtitle
Mobile Culture Studies
Volume
2/2020
Editor
Karl Franzens University Graz
Location
Graz
Date
2020
Language
German, English
License
CC BY 4.0
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
270
Categories
Zeitschriften Mobile Culture Studies The Journal
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