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122 Mobile Culture Studies. The Journal 6 2o20
(Travel)Mirja
Riggert | SelbstportrÀt mit Spiegelreflex
Divergent zeigt sich die About Page von Jana Ziesenià auf Sonne & Wolken. ZunÀchst
erscheint in der Hauptspalte unter der Ăberschrift âĂber michâ ein groĂ platzierter Text, wĂ€h-
rend das SelbstportrĂ€t in der rechten Spalte Ă€uĂerst klein wirkt und die Protagonistin schwer
erkennen lĂ€sst [Abb. 4]. âHi, ich bin Jana â Autorin, Fotografin und das Gesicht hinter Sonne
& Wolkenâ (ZieseniĂ, seit 2010), heiĂt es im Text unter dem PortrĂ€t. Neben der gĂ€ngigen
Selbstbezeichnung als Fotografin und Autorin â in diesem Fall nicht als Bloggerin â wird
auf das Gesicht hinter dem Blog verwiesen. Gerade dieses Gesicht ist es jedoch, was auf dem
Foto mit der Kamera nicht zu sehen ist. Auch die drei anderen Fotos der Hauptspalte zeigen
keine vollstĂ€ndige PortrĂ€tierung, sodass Jana ZieseniĂ fĂŒr die Leser/innen etwas schemenhaft
zuzuordnen bleibt. Weder die drei im Hauptfeld erscheinenden Fotos noch das klein platzierte
PortrĂ€t der rechten Spalte lassen die GesichtszĂŒge der Protagonistin vollends erkennen. Entwe-
der sind die Fotos fern von der Seite oder von hinten aufgenommen oder eine Sonnenbrille oder
Kameralinse vor den Augen verhindert eine umfassende Erkennung. Auf zwei Fotos wird dabei
die bereiste Landschaft ins Zentrum der Aufnahme gestellt, wÀhrend Ziesenià am Rand des
Geschehens sitzt. Auf dem mittig erscheinenden Foto ist sie zwar im Zentrum der Landschaft,
doch die perspektivische Obersicht lĂ€sst sie zurĂŒckhaltend und bescheiden erscheinen, da man
leicht auf sie herabschaut (s. Abb 5). Die gesamte visuelle Ăsthetik der Website entbehrt einer
vollstÀndigen SelbstportrÀtierung.
Diese Form der performativen SelbstrĂŒcknahme zeigt sich besonders im textlichen Narrativ
zu Beginn der Website. VerkĂŒndet die Ăberschrift âĂber michâ zunĂ€chst einen klaren Perso-
nenfokus, wird diese Ego-Zentrierung im darunter folgenden FlieĂtext sofort durchbrochen,
wenn es heiĂt: âDu möchtest dein Leben mehr genieĂen? Du hast genug davon, dass dein
Leben nur aus Alltag besteht?â Die gesamte Textpassage ist aus Du-Appellen gestaltet, die
schlieĂlich am Ende in die Ich-Perspektive fĂŒhren: âSoll ich dir was verraten: Es wird jetzt Zeit
die [sic] TrĂ€ume aus dem Kopf in die RealitĂ€t umzusetzen! Weil ich der Ăberzeugung bin, dass
jedes Leben eine Priese [sic] Abenteuer und Genuss vertragen kann, möchte ich dir zeigen wie
[sic] es gehtâ (ZieseniĂ, seit 2010). Ich und Du stehen hier einander kontrapunktisch gegenĂŒber
mit klarer, gegenseitiger Positionierung: Das erzÀhlende Ich prÀsentiert sich pionierhaft und
möchte seinen Erfahrungsschatz an ein vermeintlich im Alltag verhaftetes Du weitergeben.
>mcs_lab>
Mobile Culture Studies, Volume 2/2020
The Journal
- Title
- >mcs_lab>
- Subtitle
- Mobile Culture Studies
- Volume
- 2/2020
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2020
- Language
- German, English
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 270
- Categories
- Zeitschriften Mobile Culture Studies The Journal