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Mobile Culture Studies. The Journal 6 2o20 (Travel)
Mirja Riggert | SelbstportrÀt mit Spiegelreflex 131
ĂŒberredet werden, sichern die Reisebloggerinnen sich ihre eigene Existenz als Bloggerin.
Es ist jene von Graham M.S. Dann herausgestellte âLanguage of Tourismâ (1996), die
ĂŒber verschiedene audio-visuell-verbale ErzĂ€hlformen ihre Rezipient/innen zum Reisen ver-
fĂŒhren will. Dann verweist dabei auf die Wichtigkeit von fotografischem ErgĂ€nzungsmaterial
fĂŒr Textaussagen (1996: 190). Erst in der Kombination aus visuellen und verbalen Elementen
ergebe sich die bedeutsame Wirkung fĂŒr touristische Vermarktungszwecke (Dann 1996: 189).
Neben diskursiv etablierten AuthentizitÀtspostulaten könnten sich die Leser/innen mit persön-
lich gehaltenen und bekennenden Selbstnarrativen identifizieren (Dann 1996: 177). Das rezipie-
rende Individuum werde in intimen Dialogen direkt angesprochen; das âDuâ kehre sich damit
in ein aktives Subjekt (Dann 1996: 187). Die verfĂŒhrerische, zeitlose, euphorische und tautologi-
sche Sprache des Tourismus sei dabei aus dem touristischen Diskurs nicht wegzudenken (Dann
1996: 249). Es sei dieser Mix aus âreverie, reality and fictionâ (Urry/Larsen 2011: 176), inszeniert
ĂŒber Identifikationsangebote und subjektivierte Weitergaben von Reiseerfahrungen, der aus
Rezipient/innen potentielle Konsument/innen mache.
Die Bild-Text-Komposition in den About Pages eröffnet also inszenatorische SpielrÀume,
eine allzu starke Ego-Konzentration zu durchbrechen und das Narrativ in einem spannungs-
vollen Wechsel zwischen Ich und Du, SelbstreferentialitÀt und subjektivierter Erfahrungs-
weitergabe sowie zwischen Medialisierung und Unmittelbarkeit zu halten: je stÀrker die Frag-
mentierung der narrativen KohÀrenz, desto vielfÀltiger die Möglichkeiten der (verdeckten)
Kommerzialisierung. Reiseblogs fĂŒgen sich damit in prototypische ReisereprĂ€sentationen der
Tourismusindustrie ein, die ĂŒber intermediale WechselverhĂ€ltnisse eine Sprache der VerfĂŒh-
rung zum Konsum manifestieren. Anders als in klassischen WerbebroschĂŒren von Reisean-
bietern wird der kommerzielle Charakter in diesen Beispielen der About Pages allerdings durch
die vorgestellten BrĂŒche im Narrativ zu verdecken versucht â und steigert damit nur den
Inszenierungscharakter der Selbstdarstellung. Fotografische Elemente sind also nach wie vor
unentbehrlich in der touristischen Vermarktung und Darstellung von Reiseerfahrungen, doch
sie erlangen ihre WirkmÀchtigkeit erst im Zusammenspiel mit textlichen Elementen. Die inter-
mediale ReprÀsentation der Reise dominiert das Narrativ, nicht die Praxis des Reisens. Der Akt
des Bloggens wird im Textlichen und Visuellen dargestellt und stellt somit die Akzentuierung
klar: Es geht hier nicht primÀr um meine Art des Reisens, sondern um meine Art des Bloggens.
Literaturverzeichnis
Online-Quellen
Chall, Inka. Seit 2012. âReisefotografie: Tipps und AusrĂŒstungâ, Blickgewinkelt: Reisen. Sehen.
Fotografieren. Schreiben. <https://blickgewinkelt.de/fotografie/> [13.03.2020]
Heckmann, Kathrin. Seit 2013. âĂber michâ, FrĂ€ulein DrauĂen. <https://fraeulein-draussen.
de/ueber-mich/> [15.03.2020]
Kranz, Ute. Seit 2013. âĂber mich: Ute Kranzâ, Bravebird. <https://www.bravebird.de/ute-
kranz/> [15.03.2020]
Lassner, Julia. Seit 2014 âĂber michâ, Globusliebe. <https://globusliebe.com/about/> [12.03.2020]
Ritter, Sebastian & Ritter, Jenny. Seit N.N. âDie beliebtesten Reiseblogs: Reiseblogger Wahlâ, 22
Places. <https://www.22places.de/reiseblogs-reiseblogger/#feedback-und-ausblick-zum-reise-
blog-ranking> [02.03.2020]
>mcs_lab>
Mobile Culture Studies, Volume 2/2020
The Journal
- Title
- >mcs_lab>
- Subtitle
- Mobile Culture Studies
- Volume
- 2/2020
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2020
- Language
- German, English
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 270
- Categories
- Zeitschriften Mobile Culture Studies The Journal