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448 Blattern.
Hunderts ist ihre Kraft gebrochen. Vor 59 Jahren begegnete man noch allgemein vielm
Menschen, deren Gesicht von Blattern gräßlich entstellt war; gegenwärtig kann man
ganz Steiermark durchwandern, und wird nur wenige derlei Exemplare mehr finden.
Bei den seit 1826 von mir behandelten Blattern-Epidemien zeigte sich
diese Krankheit in dreifacher Form: der ächten, der modif izirten und der
Schaf-Blattern, und bezüglich der Entstehung deyelven wurde jederzeit eine A n-
ftekung nachgewiesen.- Von dm ächten Blat tern (variola) wurden in der
Regel nur Ungeimpfte, oder bei denen keine deutliche Impfnarbe erkennbar war,
und von den modifizirten (varioloiäes) nur die Geimpften befallen. DieNario-
loiden waren besonders bei geimpften erwachsenen Individuen nicht selten fo aus-
gebildet, daß man sie von den ächten kaum unterscheiden konnte, und ließen manch-
mal fogar leichte Blatternarben zurük; hingegen zeigten sie sich bei geimpften Kindem
von 6 bis 49 Jahren gewöhnlich so unbedeutend, daß sie oft kaum bemerkt wurden.
Die Schafblattern (varicelias) erschienen vereinzelt in Begleitung von jeder
Blattern-Epidemie, und befielen in der Regel ebenfalls nur Nichtgeimpfte. Sie hatten
nie eine wesentliche Erkrankung zur Folge, uud wurden in der Epidemie auch nie
gezält. In Bezug auf die Anstekung ist zu bemerken, daß die Varioloiden, so
wie sie durch Nebertraguug von ächten Poken entstanden, bei Nngeimpften auch
wieder als ächte Poken sich fortpflanzten. In den von mir behandelten Blattern-
Epidemien war die Sterblichkeit im I. 1827 in Reichenburg 19 "/,, 1831 in
Vorau (Ratten) 8.7 " / „ , 1839 in Hartberg (Schildbach) 7,7 "/<,, dann 1854 in
Voitsberg nur 4"/« und 1856 in T.-Landsberg (Schwanberg) 8 "/<,. In allen diesen
Epidemien starb kein geimpftes, von modifizirten oder anscheinend ächten Blattern
ergriffenes Individuum. Merkwürdig war das Hinzutreten der Blattern-Epidemie
zu einer ausgedehnten Scharlach-Friesel-Epidemie im März 1832 in Ratten,
wo nicht nur Kinder, welche dm Scharlachfriesel überstanden hatten, von Blattern,
und bei welchen die Blattern sich abschorften, vom Echarlachfriefel befallen wurden,
sondern in einigen Fällen beide Krankheiten miteinander zugleich verliefen, so
daß Abschuppung vom Scharlach und Abschorfung von Blattern gleichzeitig stattfanden.
Im lezten Ichrzehend hörten die Blattern vom I. 1849, wo sie sich in
den Bezirken Umgebung - Graz und Fronleiten ausbreiteten, bis 1857 nicht auf. '
Stark herrschten sie 1859 in den Bezirken Auffee, Irdning und Liezen; 1854 in
Noitsberg (St. Johann) und Iudenburg ; 1855 in Murau, Neumarkt, Leobm,
St. Gallen; 1856 in denselben Bezirken, dann in Bruk. in Maria-Zell und im
ganzen Mürztal, in T.-Landsberg (Schwanberg), M a u , Birkfeld und Weiz, ja
sogar in den Marburger-Vezirken St. Leonhard, Oberradkersburg, Luttenberg, Friedau,
Gonowiz und Mahrenberg, wo doch die Impfung beinahe keinen Widerstand findet.
Bei Gonowiz war die Epidemie erst im Jahre 1857 erlofchen. Wir sehen hieraus,
daß Blattern-Epidemien vorzüglich nur inGebirggegenden herrschend sind, wo
die Kubpoken - Impfung weniger Eingang findet, das Flach- und Hügelland aber
minder daran zu leiden hat. Keine dieser Epidemien war besonders bösartig. Im
Jahr 1856 schien in Echwanberg die schnell eingeleitete Impfung der noch
Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
- Title
- Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
- Author
- Mathias Macher
- Publisher
- Ferstl'sche Buchhandlung
- Location
- Graz
- Date
- 1860
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.91 x 20.62 cm
- Pages
- 632
- Keywords
- Topographie, Kartografie, Statistik
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen