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Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
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Page - 474 - in Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark

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474 Amtsbezirk Gleisdorf. Genüsse und Lebensfteudigleit. Gesang, Musik und Tanz find hier allgemein bliebt. Die Bewohner dieser Gegend, welche auch häufig mit der Stadt verkehren, sind viel freundlicher und auch geistig mehr entwikelt als die der benachbarten Gebrge. Sie find dabei mäßig, zufrieden, religiös, gutmütig und dienstfertig, für Neueruym mehr empfänglich — aber leider auch schon vom bösen Hauche der selbstsüchtissn. städtischen Afterlultur getroffen, welche oft die schönsten Blüten des gemütlich« Lebens versengt. Vom Kretinismus ist in diesem Bezirke keine Spur; es fehln auch alle Fundammte dazu in dem weiten, schönen Hügellande. Wenn in einem darüber vorliegenden älterm Ausweise 16 vollkommene und 85 Halbkretinen bezeich- net werden, so beruht dies wol auf dem nämlichen Irrtume, nach welchem man auch in anderen nichtkretinischen Gegenden Blöd« und Schwachsinnige, gewöhnlich zugleich auch Schwerhörige. Taube, Taubstumme und Kropfige für Kretinen «der wenigstens Halbkretinen angesehen hat. Es ist übrigens nicht unwahrscheinlich, daß kretinische Menschen vom Gebirge der Bezirke Weiz und Birkfeld manchmal in dies Hügelland ziehen; mir ist jedoch in dieser Gegend nie ein solcher aufgefallen. Blöde, kropfige und trottelhafte Individuen finden sich nicht selten in der Gegend des Kulms in der Pfarre Pischelsdorf, so wie in einigen Gemeinden der Pfarren St. Margareten. W. Hartmannsdorf. Eggersdorf und Gleisdorf. Ursache davon dürfte vorzüglich die Verwahrlosung und schlechte Pflege der Kinder der ärmeren Klasse fein, welche frühzeitig mit Mehlbrei angestopft, oft in dumpfigen, unrein- lichen Wohnungen eingesperrt gehalten. und in Krankheiten (des Gehirns und der Ohren) vernachlässiget, oder durch Hebammen und Afterärzte zwekwidrig behandelt werden. Der teutsche Sprachdialekt ist in diesem Bezirke minder rauh, als in den zwei vorigen, erscheint mehr dem der Umgebung Graz ähnlich, und streift an der südlichen Gränze schon an dm weichen, sogmannten Hianzen - Dialekt mit seinen vielen Doppellauten und dem charakteristischen ui. welcher tief ins Nngarland hin- zieht, wo er noch in feiner ganzen Nrwüchsigkeit gehört wird. Die Kleidung unterscheidet sich nicht wefentlich von der der südl. Partie des Bez. Weiz; nur beim weiblichen Geschlechte herrscht etwas mehr Lurus. Die Wohnungen sind schon großenteils gemauert und mit Ziegeln eingedekt, zwekmäßig eingerichtet, und ziemlich rein gehalten; nur in den ärmeren und von den Straßen abseitigen Ge» meinden bestehen noch untermauerte, hölzerne Wohnungen mit Rauchstubm und Stroh- oder Schindeldächern. Das Familienleben scheint sich in seiner Innig- keit durch dm Einfluß städtischer Sitten, durch Erwerb- und Spekulazionsucht etwas zu lokern. Nahrung und Getränke sind so wie im südl. Teile des Bez. Weiz. nur etwas besser und schmakhafter bereitet. Auch die Gewohnheiten und Gebräuche find dieselben, nur mehr lebendig, und in Bezug auf Vergnügungen mit mehr Fröhlichkeit gewürzt. Obwol noch mancherlei Aberglauben und Vorurteile herrschen, so sind doch die gegen die Kuhpoken-Impfung bereits selten. Der Schulunterricht wird in 6 Pfarr- und 40 Gnneindeschulen erteilt, und die 2712 Schullinder müssen m 20 Lehrzimmern Plaz finden, so daß durchschnittlich 135 Kinder auf
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Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
Title
Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
Author
Mathias Macher
Publisher
Ferstl'sche Buchhandlung
Location
Graz
Date
1860
Language
German
License
PD
Size
11.91 x 20.62 cm
Pages
632
Keywords
Topographie, Kartografie, Statistik
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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