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© 2020, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen
ISBN Print: 9783847111658 – ISBN E-Lib: 9783737011655
ParallelezuDtn5,14imSabbatgebot,abgesehen)–„deinFremder“(5,14;24,14;
29,10;31,12).ErgiltalsSchutzbürgeroderSchutzbefohlener23„indeinemLand
innerhalbdeinerStadtbereiche24“ (24,14), „hat indeinen/eurenStadtbereichen
Wohnrecht“ (5,14; 14,21; 31,12), „ist inmitten deines Lagers“ (29,19) oder „in
deiner Mitte“ (26,11; 28,43), also im Inneren eines menschlichen Raumes25.
DiesesBeziehungsgefügeistinsofernauffällig,alsderFremdewederwiesonstim
Alten Orient dem Schutz des Königs unterstellt noch der Versorgung eines
einzelnenPatronszugeordnetwird.VielmehrerscheinterindasMiteinanderder
Gesellschaft,deskollektiven„Du“Israelsbzw.des„Ihr“dereinzelnenIsraeliten,
eingebunden. Er wird sogar Partner des Moab-Bundes (29,10) und soll im
Sabbatjahrwieganz Israel andererwähltenStätte, demTempelvonJerusalem,
die Verlesung der Tora mitverfolgen (31,12). Diese Solidarität ist lebensnot-
wendig.DennderFremdeverfügtüberkeinenBodenbesitzundistdaherineiner
Agrarwirtschaftökonomischabhängig.Dasfindetsogareinenfestsymbolischen
Ausdruck.Nach 26,11 ist nämlichder Fremde anlässlich derDarbringungder
Erstlingsfrüchte zusammen mit den ebenfalls grundbesitzlosen Leviten zur
Freude über die Güter des Verheißungslandes geladen, und zwar „in deiner“,
Israels, „Mitte“, wobei aber, offenbar bewusst, kein geographischer Raumwie
LandoderStadtbereichgenanntwird.
ImZusammenhangderSpeisevorschriftenwirdderFremdein14,21asowohl
vom„heiligenVolk“ als vom„Ausländer“ (nokr%)26 geschieden: „Ihrdürft kei-
nerlei Aas essen. Du sollst es dem Fremden, der in euren Stadtbereichen
Wohnrechthat,zumEssenüberlassenodereinemAusländerverkaufen.Denndu
bist einVolk, das JHWH,deinemGott, heilig ist.“ Einerseits sind also für den
Fremdenwie für denAusländer die Speiseverbote außer Kraft gesetzt. Ande-
rerseits erscheintgeradebeimUmgangmitunreinemFleischderFremdeals in
gewissemUmfangzurGesellschaft Israels gehörend,wobeiwohl seine finanzi-
elleBedürftigkeitdasGeschenkveranlasst.Dagegen istderAusländer„nicht in
das eigeneWertesystemintegriert“undesbraucht auf seine sozialeLagekeine
Rücksicht genommen zuwerden–mandarf ihmdasAas verkaufen, dasman
selbst nicht essen darf.27 ImÜbrigenwird „der Bruder“, also der israelitische
23 Während „Schutzbürger“ stärker die Zugehörigkeit zur israelitischenGesellschaft betont,
obwohl sich ihre Struktur nicht adäquat als „Bürgertum“ beschreiben lässt, verdeutlicht
„Schutzbefohlener“dieAufgabeder Israeliten,wobeidemBegriff aberdieKonnotationdes
Fremden fehlt (Ebach,Fremde,S. 47Anm.156).
24 S. dazuDanielA. Frese,ALandofGates:CovenantCommunities in theBookofDeutero-
nomy, in:VetusTestamentum65/2015,S. 33–52.
25 Ebach,Fremde,S. 144.
26 Sowohl der in den Büchern Exodus bis Numeri belegte Gegenbegriff zum Fremden, der
„Einheimische“ ( ˘æzra¯h
˙ ), als auch der vor allem in Levitikus 25 gängige Begriff des „Bei-
sassen“ (tisˇa¯b) fehlen imDeuteronomium.
27 Ebach,Fremde,S. 49f.,Zitat67.
GeorgBraulik46
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Menschenrechte und Gerechtigkeit als bleibende Aufgaben
Beiträge aus Religion, Theologie, Ethik, Recht und Wirtschaft
- Title
- Menschenrechte und Gerechtigkeit als bleibende Aufgaben
- Subtitle
- Beiträge aus Religion, Theologie, Ethik, Recht und Wirtschaft
- Authors
- Irene Klissenbauer
- Franz Gassner
- Petra Steinmair-Pösel
- Editor
- Peter G. Kirchschläger
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-1165-5
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 722
- Category
- Recht und Politik