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erwerben, aber auch die Auflage, Bürgerpflichten nachzukommen, Steuern zu zahlen, usw,
gestattete im allgemeinen jedoch nicht, politische Funktionen zu übernehmen.200 Mit Eintrag
von „Montags des 13. January Ao 95“ im Ratsprotokoll der Stadt Ulm erhielten „Niclas
Küenberger vnd seyn dochtermann von Lynz Beysitz Sebastian Bischoff “. 201 Er unterzeichnete
einen "Paktbrief" und war mit einer jährlichen Schutzgeldzahlung einverstanden „für Jedes Jar,
so lang sie alhie sein werden, Zwainzig Goldgld vnd bezalung des Vngelts,“ dafür dass sie ein
Wohnhaus bestellen und erkaufen und die gemeinsame „haushalltung mit ain ander“ führen
könnten.202 Khueperger wurde offenbar wie viele österreichische Exulanten in die
„Auffangsgemeinde“ Wain bei Ulm eingeteilt, denn ein Vermerk im Stadtarchiv Ulm, dat. Freytag,
17. Jänner 1595, behandelt „Küenbergers“ Beisitz und das Schreiben an die Stadt Bib(e)rach
wegen des Einschreibens in Wain.203
Sebastian Bischoff trat später nur noch selten in Erscheinung, hielt sich aus Glaubensgründen
zeitweilig im Ausland auf, und da, vm wie viele andere, in Regensburg oder Wain/ Ulm, wo sein
Schwiegervater Khueperger eine Bereithaltungs- Reservierung mit der Stadt getroffen hatte. Leider
konnten in den zuständigen Archiven keinerlei Unterlagen und Hinweise entdeckt werden.204 Die
Auslandsaufenthalte erklären seine Ablehnung der Gerhabenschaft für seine Stieftochter am 22.
April 1598 mit dem Argument, dass er „im Landt nit bleiblich sein“ würde. Er wird dabei als „Kai.
Mt. Diener“ (nicht als Mautner, welches Amt er nur interimsmäßig erreicht hatte) bezeichnet.205
Khueperger starb aber bald nach seinem Ansuchen und auch seine Familie scheint die Option nicht
in Anspruch genommen zu haben, außer möglicherweise sein Schwiegersohn Sebastian Bischoff.
Dieser gab in den Vormundschaftsverhandlungen wegen seiner Stieftochter Anna Maria Engl an,
die Gerhabschaft nicht übernehmen zu können, weil er öfter außer Landes sein würde. Viele
Protestanten hielten sich zeitweise im Ausland, in den freien Reichsstädten Ulm, Regensburg und
auch in der Herrschaft Ortenburg auf, wo sie unter Gleichgesinnten ihre Religion frei ausüben
konnten.206
Von Barbara Bischoff, von 1586 bis 1617 Besitzerin des Schlosses Hagen, berichtete die
HagenChronik unter dem Datum des 15. März 1600, dass sie (im Verlauf der Reformation und
Gegenreformation, als die Ausweisung der lutherischen Prediger immer wieder in Erwägung
gezogen wurde), die Predikanten trotz des Verbotes Kaiser Rudolfs II. nicht wegschickte. Ihre
Untertanen erhielten weiterhin Unterricht von ihnen in der protestantischen Religion, sowie in
Lesen und Schreiben. Am 22. März 1600 vermerkte der Chronist [Wolfgang Stauffenbuel,
Schreiber der Bischoffin, AdV], „seindt veratn worden, hat straff gezalet“, weil sie etliche
vertriebene vm Landschafts- und andere lutherische Prediger fürs erste im Malzkeller der Brauerei
Hagen verstecken hatte lassen.
Auch im Falle der Bischoffin ist der Grundsatz "cuius regio, eius religio" anwendbar, welcher im
Augsburger und im Westfälischen (Religions-) Frieden verankert wurde: Die Religion des
(Landes-) Herrn galt auch für seine Untertanen. Ein lutherischer Hagen´scher Untertan aus
Lustenfelden, Paul Gruber aus der Brandstatt, dessen Trauung am 2. August 1616 vm im Landhaus
von einem Predikanten vorgenommen worden war, wurde von Linzer Seite am Überqueren der
200 Litz, PI 31. August 2009.
201 AStUlm, A 3530, fol. 18 v, 13. Jänner 1595; fol. 23, 24, 25, 27, 29. Der „Beisitz“, das angestrebte „mindere
Bürgerrecht“ und Beiwohner-Recht beinhaltete ua die Erlaubnis, Häuser zu erwerben, aber auch die Auflage,
Bürgerpflichten nachzukommen, Steuern zu zahlen, usw, gestattete im allgemeinen jedoch nicht, politische Funktionen
zu übernehmen. Litz, PI 31. August 2009.
202 AStUlm, A 3530, fol. 23, dat. 13. Jänner 1595. Litz, 20. und 31. August 2009. Schnabel, Exulanten, 39.
203 AStUlm, A 3530, fol. 18 v, 13. Jänner 1595; fol. 23, 24, 25, 27, 29. Schnabel, Exulanten, 39.
204 Auskunft des StA Ulm (Dr. Litz Gudrun), des ELKB (Evang.-Luther. Landeskirche Bayern, Dr. König Jürgen), und
des Bayerischen Hauptstaatsarchives München (Mannsbart Claudia), 2009.
205 OÖLA, HA Wagrain, Sch. 5, Urk. 1569>1600, Fasc. I, fol.2, 2`, 3, dat. 18., 22. April 1598. AStL, G 31, HA
Wagrain, Bd 1, Nr. 137/I 24, Hülle 21.
206 Schnabel, Exulanten, 39.
Merkwürdiges aus dem Hagen
Sowie historische Legenden, Anekdoten und Sagen
- Title
- Merkwürdiges aus dem Hagen
- Subtitle
- Sowie historische Legenden, Anekdoten und Sagen
- Author
- Hanna und Herbert Schäffer
- Publisher
- Eigenverlag
- Location
- Linz
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.25 x 29.72 cm
- Pages
- 106
- Category
- Geographie, Land und Leute