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Wolfgang Greisenegger
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res Maß an Privatheit, als am französischen Hof. Um Anlässe war man nie
verlegen und auch nicht um Veranstaltungsorte. Man muss bedenken, dass
über die Feste offiziell oder halboffiziell berichtet wurde, dass durch sie Öf-
fentlichkeitsarbeit betrieben wurde. Der Anlass konnte Freude über die
Schwangerschaft der Kaiserin sein, die Geburt des Thronfolgers, ein mehr
oder minder bedeutender Sieg auf dem Schlachtfeld, Staats- und Verwand-
tenbesuche, was nicht immer leicht auseinander zu halten war, oder einfach
die Namenstage und Geburtstage des Herrscherpaares, des Thronfolgers,
einer Erzherzogin etc. In den verschiedenen Jahreszeiten wusste man spezifi-
sche Feste auszurichten, so im Fasching die beliebten Wirtschaften und Re-
douten, die Carousels und Schlittenfahrten, aber auch im Fasching Tag für
Tag eine italienische Komödie. Diese Unterhaltungsroutine, geboten von
namhaften Wandertruppen, die für einige Wochen in Wien Quartier nahmen,
bereitet an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert auf die Öffnung des
höfischen Theaters für ein bürgerliches Publikum vor. Als exklusives Thea-
terereignis galten aber die Aufführungen der Edelknabenkomödie. Söhne der
bedeutendsten Adelshäuser spielten zu Ehren des Kaisers, ausgestattet von
niemand geringerem als Lodovico Ottavio Burnacini, dem kaiserlichen Ar-
chitekten, Bühnen- und Kostümbildner, in italienischer Sprache Commedia
dell’ arte-Sujets nach einem fixierten Text.
Über Intimität oder größere Öffentlichkeit einer Aufführung entschied die
Wahl des Spiel-Raumes. Theaterereignisse, die für eine breitere Öffentlich-
keit bestimmt waren, fanden in der Epoche Karl VI. im großen Hoftheater,
Geburtstagsüberraschungen für die Kaiserin auf ›geheimer Schaubühne‹ statt,
das heißt in einem der Repräsentationsräume der Hofburg oder eines der
kaiserlichen Schlösser. Der Theatralarchitekt hatte dafür zu sorgen, dass in
diesen Saal eine Bühne aufgeschlagen wurde, die meist sogar über eine be-
scheidene Bühnentechnik verfügte und nach dem Ereignis wieder abgeschla-
gen wurde. Bei diesen theatralen Ereignissen, Teile eines größeren Ganzen,
blieb genau geregelt, wer appartementfähig war und wer wo placiert zu wer-
den hatte. Als im Jahr 1714 der Wienerische Hanswurst Stranitzky »auf der
Kaiserin Eleonora Majestät Seiten in Pollicinello« eine Burlesque spielte, da
saßen in einer Reihe von rechts nach links der Kaiser, die Kaiserin und die
»Amalischen« und dann die »Leopoldinischen« Erzherzoginnen. 2
Deutsche und italienische Wandertruppen und Marionettenspieler, seit je
in der Stadt geschätzte Gäste, wurden in ihren ›Hütten‹ auch vom Adel be-
sucht.
In der Fastenzeit führte man, etwa in der Regierungszeit Leopold I., wö-
chentlich ein Oratorium in der Hofburgkapelle auf, nach Ostern gab man
wieder italienische Komödie. Der Kalender, wie die jeweilige politische
2 Hadamowsky, Franz: Wien. Theatergeschichte. Von den Anfängen bis zum Ende
des Ersten Weltkrieges, Wien 1994 (1988), p. 167.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND
Mozart und Salieri – Partner oder Rivalen?
Das Fest in der Orangerie zu Schönbrunn vom 7. Februar 1786
- Title
- Mozart und Salieri – Partner oder Rivalen?
- Subtitle
- Das Fest in der Orangerie zu Schönbrunn vom 7. Februar 1786
- Author
- Paolo Budroni
- Publisher
- V&R unipress
- Location
- Göttingen
- Date
- 2008
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-89971-477-7
- Size
- 15.8 x 24.0 cm
- Pages
- 135
- Category
- Kunst und Kultur