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Manuela Hager
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– Auch die biographische Komponente, die Castis Verbindung mit dem
Wiener Kaiserhof zeigt, entbehrt nicht einer gewissen Spannung.
– Was wissen wir über Casti aus zeitgenössischen Dokumenten?
Zum Werk und zur literarischen Bedeutung von Giambattista Casti kann
aus heutiger Sicht folgendes festgestellt werden:
Seine erste bemerkenswerte Dichtung ist eine Sammlung von 216 Sonet-
ten, Tre giulii, in denen als Thema die Leiden eines extrem verschuldeten
Künstlers beschrieben werden, der gezwungen ist, die Forderungen seiner
Gläubiger zu erfüllen. Ist der Schuldner Casti selbst? Hat die Principessa
Mahoni Giustiniani, der die Gedichte gewidmet sind, die Schulden bezahlt?
Genaueres weiß man nicht, womit die Verflechtung von Biographie und
Werk ihren Anfang nimmt.
Casti wurde Mitglied einer arkadischen Akademie in Rom und schrieb
Dichtung im Stil des Anakreon und der Schäferidylle, er verfasste Liebesly-
rik inspiriert von Catull, um seine enttäuschte Leidenschaft für die Marchesa
Lepri zu überwinden (er hatte sie sogar 1760 nach Paris begleitet). Er dichte-
te Gelegenheitslyrik, die ihm die Aufmerksamkeit des Grafen Franz Xaver
Orsini-Rosenberg einbrachte. Dessen Fest für die Erzherzogin Maria Caroli-
na, einer Tochter Maria Theresias, die auf dem Weg nach Neapel zu ihrem
künftigen Gatten Ferdinand IV. war, hat Casti die Freundschaft von Rosen-
berg und den Titel des Poeten am toskanischen Hof von Leopold I gebracht.
Als ein Jahr später, 1769, Joseph II. seine Schwester in Neapel besuchte,
stellte ihm Rosenberg anlässlich einer Reiseunterbrechung in Florenz den
Abbé Casti vor. Der Kaiser ist vom gebildeten und scharfen Geist des Abbé
angetan. Er lädt ihn nach Wien ein.
Ab 1772 befindet sich Casti in der Hauptstadt der Donaumonarchie und
hier setzt er auch seine literarische Tätigkeit fort. Zunächst übt er bemer-
kenswerte Reiseaktivitäten durch ganz Europa aus. Gemeinsam mit dem
Fürsten Kaunitz, der angeblich an allen wichtigen Höfen Europas Spione
unterhielt, scheint er mehrmals im Auftrag des Kaiserhauses in diplomati-
scher Mission tätig gewesen zu sein. Der Literaturwissenschaftler Antonino*
Fallico (Italianistica I/1972) konnte in den »Fonds italiens« der Pariser Nati-
onalbibliothek einige interessante Dokumente entdecken, die zur Aufklärung
seiner regen Reisetätigkeit beigetragen haben. Diese Phase dauerte bis etwa
1786, danach steht wieder die Literatur im Vordergrund, um immer wieder
von diplomatischen Missionen unterbrochen zu werden. Eine wichtige Stati-
on für seine poetische Inspiration sollte sein Aufenthalt in Petersburg am Hof
Katharina II. werden. Hier lernte er nicht nur Giovanni Paisiello kennen,
sondern setzte seine Redaktion der Novelle galanti fort (von denen 18 bereits
vollendet waren) und skizzierte sein Poema tartaro. Beide Texte haben zum
hohen Bekanntheitsgrad des Abbés beigetragen. Die Novelle galanti erfreu-
ten sich so großer Beliebtheit, dass es unzählige Raubkopien gab. Darin
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND
Mozart und Salieri – Partner oder Rivalen?
Das Fest in der Orangerie zu Schönbrunn vom 7. Februar 1786
- Title
- Mozart und Salieri – Partner oder Rivalen?
- Subtitle
- Das Fest in der Orangerie zu Schönbrunn vom 7. Februar 1786
- Author
- Paolo Budroni
- Publisher
- V&R unipress
- Location
- Göttingen
- Date
- 2008
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-89971-477-7
- Size
- 15.8 x 24.0 cm
- Pages
- 135
- Category
- Kunst und Kultur