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Reinhard Eisendle
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des Theaters, das Schöne aber war, dass er selbst der feurigste Anbeter und
Beschützer der beiden Damen war, die in dieser Posse auftraten.«7
In großer projektiver Manier sieht Da Ponte diese Veranstaltung durch sei-
nen Ausschluß gegen sich gerichtet wie er sich gleichzeitig insgeheim, als
abgründige Erfolgstrategie Castis, in den Mittelpunkt gerückt sieht. Die von
Da Ponte so vermittelte Einheit von Absenz und imaginativer Präsenz, welche
der Dichter in seinem dramatischen Werk so raffiniert zu inszenieren wusste,
reflektiert auch indirekt Da Pontes narrative Strategie in den Memorie: ohne
ursächlichen Zusammenhang markiert der Bericht über jenes Ereignis in der
Orangerie subtil einen Umschlagpunkt in Da Pontes Wiener Karriere.
Beginnend mit Il burbero di buon cuore setzt für Da Ponte im Jahr 1786
eine beachtliche Produktivität wie Kreativität ein. Fünf weitere Libretti wer-
den in diesem Jahr folgen: darunter, drei Monate nach dem Fest in der Oran-
gerie, die Commedia per musica Le nozze di Figaro, im November das
Dramma giocoso Una cosa rara, wiederum komponiert von Martin y Soler,
welches einen durchschlagenden Erfolg feierte und dessen Titel in Wien zum
geflügelten Wort wurde8, sowie gegen Jahresende das Dramma buffo Gli
equivoci, eine Bearbeitung von Shakespeares The Comedy of Errors, ge-
schrieben für Stephen Storace. Da Pontes »neue« Position legt auch die Basis
für eine neue Kooperation mit Antonio Salieri im Folgejahr 1787, für den er
die italienische Verion des im Juni 1787 mit großem Erfolg in Paris uraufge-
führten Tarare (Text Beaumarachais) vefassen wird. Für das in Folge von
Lissabon bis St. Petersburg gespielte Dramma tragicomico Axur re d’Ormus
schreibt Salieri weitgehend neue Musik, macht aus dem jenseits der tragedie
lyrique angesiedeltem französischen Werk eine italienische Oper. Die Zu-
sammenarbeit mit Salieri wird sich bis zu Così fan tutte fortsetzen, einem
Projekt, aus dem sich der damalige Hofkapellmeister allerdings zurückziehen
wird – für Da Ponte nach Don Giovanni Gelegenheit zu einer weiteren Zu-
sammenarbeit mit Mozart. Für Casti hingegen war mit jenem Ausflug in die
Welt des Metateatro seine theatralische Karriere auf der josephinischen
Opernbühne vorüber. Der spätere Poeta cesareo verlässt noch im Jahre 1786
Wien Richtung Italien. Casti, als Dichter von Joseph II hochgeschätzt, schien
beim Kaiser in Ungnade gefallen zu sein, speziell wegen Il poema tartaro,
eine Satire auf den russischen Hof – in Wien trotz Zensurreform nur mäßig
opportun, weil sich Joseph II. um ein Bündnis mit Katharina der Großen
bemühte. Die für Salieri geschriebene Oper Cublai, gran Kan de’ Tartari,
wird zu Lebzeiten sowohl des Dichters wie des Komponisten nicht mehr
aufgeführt werden.
In seinen Memorie charakterisiert Da Ponte den als Dichter hoch geschätz-
ten Casti als Person mit einem besonderen Hang zu Ausschweifungen, zu
7 ebenda, S. 255f.
8 Siehe dazu Leslie Bodie: Tauwetter in Wien, Wien/Köln/Weimar 1995, S. 383.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND
Mozart und Salieri – Partner oder Rivalen?
Das Fest in der Orangerie zu Schönbrunn vom 7. Februar 1786
- Title
- Mozart und Salieri – Partner oder Rivalen?
- Subtitle
- Das Fest in der Orangerie zu Schönbrunn vom 7. Februar 1786
- Author
- Paolo Budroni
- Publisher
- V&R unipress
- Location
- Göttingen
- Date
- 2008
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-89971-477-7
- Size
- 15.8 x 24.0 cm
- Pages
- 135
- Category
- Kunst und Kultur