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1 DerDomalsMetropolitankirche
1.1 Zeremonielle und
liturgischeHintergründe als
Grundlage des
musikalischenHandelns
Der Salzburger Domwar geistlich-liturgisches Zen-
trum der Stadt und des Landes Salzburg und da-
mit ein vielschichtig konnotierter zeremoniellerHand-
lungsraum.Als „irdischerAudienz- undFestsaalGot-
tes“ konzipiert, war dieMetropolitankirche als Sitz
eines Fürsterzbischofs gemeinsammit der Salzbur-
gerResidenzRepräsentationsbereich einer fürstlich-
absolutistischenHofhaltung. Zugleichwar dasDom-
gebäude als Hauptkirche der Stadtpfarre ab 1635
Zentrum eines Netzes von Seelsorgestellen, das die
gesamte Stadt überzog.MehrereBruderschaftenwa-
ren an der Domkirche beheimatet, die Kathedrale
war im 18. Jahrhundert aber auch Ziel zahlreicher
Wallfahrten aus dem ganzen Land und „erhob sich
zeichenhaft für eine imGeiste der katholischenRe-
formwiedererstarkteKirche und legte gleichzeitig ein
weithin sichtbaresZeugnis für den geistlich-weltlichen
Einfluss der SalzburgerMetropoliten ab.“1
Inder liturgischenPraxis2 gabesdemnachverschie-
deneHandlungs- undBedeutungsebenen, die gemein-
sam auf denDom als Kirchenraum bezogenwaren,
unter dem irdischenDach des Sakralbaus jedoch als
diversen und strikt voneinander getrennt aufzufas-
senden Institutionen zugehörig zu verstehen sind: Zu
den beidenHauptfunktionen als Sitz desMetropoli-
ten und der Stadtpfarre kamen andere, wie z.B. jene
als liturgische Heimat des Schneeherrenstiftes und
diverser Bruderschaften.3 Auf jeder dieser Ebenen
waren andereKleriker undMusiker aktiv – bisweilen
1Bircher, Patrick:AdMaioremDeiGloriam.Aspekte der
liturgischen Praxis am Hohen Dom zu Salzburg im 17.
Jahrhundert, Diplomarbeit, Universität Freiburg/Schweiz
2004, S. 1.
2DieVerfasser danken ihremKollegen StefanEngels, Graz,
für seineAnmerkungen zu diesemKapitel.
3Vgl.Bircher:AdMaioremDeiGloriam 2004, S. 32–61. in institutionenübergreifenderPersonalunion, gleich-
wohl grundsätzlich institutionell getrennt.DieMusik
amSalzburgerDomwurde jedoch bisher nahezu aus-
schließlich von derWarte der Metropolitanliturgie
gewürdigt. Dadurch ist dasmehrdimensionale hierar-
chische Beziehungsgeflecht, das jedemAngehörigen
einer Gruppe seine Rolle zuwies, bisher noch unge-
nügend verstanden. Die rezenteWahrnehmung der
historischenSalzburger kirchenmusikalischenGesamt-
lage dürfte sich aufgrundder durch dieQuellenlage
begünstigtenFokussierung aufTeilbereiche erheblich
in Schieflage befinden.Während etwa die Rolle der
sankt-petrischenMusikanten, die bereits mehrfach
GegenstandwissenschaftlicherAbhandlungenwaren4,
vergleichsweise gut dokumentiert ist, fanden dieMu-
siker der Stadtpfarre, die nicht nur am Dom, son-
dern auch an den anderen Kirchen der Stadt tätig
waren und das Rückgrat der nicht-höfischen, nicht-
monastischenSalzburgerKirchenmusikbildeten,noch
kaumdas Interesse derMusikwissenschaft.
Ähnlich selektiv wirkt sich eine am Prinzip der
Heroengeschichtsschreibung5 orientierteMusikhisto-
riographie aus, die imFalle Salzburgs durch die Fo-
kussierung aufMozart und (in geringeremMaße)Mi-
4Angermüller, Rudolph: „Musiker der Erzabtei St. Peter,
Salzburg, von 1586 bis 1922“, in:Mitteilungen der Interna-
tionalen StiftungMozarteum, (1983), Nr. 1–4, S. 61–102;
Liessem, Franz: „DieMusik desKlosters St. Peter in Salz-
burg im letztenDrittel des 18. Jahrhunderts unter Leitung
desMusikinspektors P.MarianKaserer“, in:Studien und
Mitteilungen zurGeschichte des Benediktiner-Ordens und
seiner Zweige, 101 (1990),Nr. 3–4, S. 379–424;Eder, Pe-
trus: „Die St.-PetrischenMusikanten“, in:PetrusEder/
GerhardWalterskirchen (Hrsg.):DasBenediktinerstift
St. Peter in Salzburg zur ZeitMozarts.Musik undMusi-
ker –Kunst undKultur, Salzburg:Verlag St. Peter 1991,
S. 95–123.
5Zu einerVerteidigung dermusikalischen „Heroengeschichte“
vgl. denDiskussionsbeitrag vonManfredHermann Schmid
in Eichmann, Hannes etal.: „Keine Chance für Gatti?
Musikforschung undMusikpraxis imSchatten derGroßen.
Podiumsdiskussion“, in:EvaNeumayr/LarsE.Laubhold
(Hrsg.):KeineChance fürMozart. FürsterzbischofHierony-
musColloredound sein letzterHofkapellmeisterLuigiGatti
(1740–1817). Symposiumsbericht, Lucca: LibreriaMusica-
le Italiana 2013, (Veröffentlichungen zur Salzburger Mu-
sikgeschichte, 10; zugl.Musicologica Transalpina, 2; zugl.
Schriftenreihe des Archivs der Erzdiözese Salzburg, 12),
S. 447–473, hier: S. 458f.
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Musik am Dom zu Salzburg
Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Title
- Musik am Dom zu Salzburg
- Subtitle
- Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Authors
- Eva Neumayr
- Lars E. Laubhold
- Ernst Hintermaier
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-540-0
- Size
- 21.0 x 30.2 cm
- Pages
- 432
- Category
- Kunst und Kultur