Page - 12 - in Musik am Dom zu Salzburg - Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
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1 DerDomalsMetropolitankirche
offentlich in langenKleyderen, undCorteg-
gio gesambterHofstatt,wie auchBegleitung
aller anwesendenDom=Herren, durch den
Ritter=undCarbiner=Saal kommende, in
demOratorioB.M.V.beyzuwohnenpflegen.
Nachmittag wirdet allda abermahlen umb
4. Uhr eine heilige Litaney gehalten, und
solche Andacht die ganze 8. Tag hindurch
continuiret, die letzte aber gleichfals inGe-
genwart IhrerHochfürstl. Gnaden etc. etc.
und der gantzenHofstatt, wie die erste, von
der Hochfürstl. Music abgesungen, mithin
dieseAndacht beschlossen.“70
Dadie Schlosskapelle inMirabell allerdings schon
am12.Mai 1726demHeiligengeweihtwerdenkonnte,
fanden die beschriebenenFeierlichkeitenmit großer
Wahrscheinlichkeit bereits dort statt.71Die Litaneien
bei denFranziskanernwurden auchweiterhin parallel
dazu gehalten, wie z.B. der Hofkalender von 1765
vermeldet:
„Eodem ist das Fest des Heil. undwun-
derthätigenMartyrers S. JoannisNepomu-
ceni als absonderlichenLands=Patron, und
wirdMorgen als den 17. in derHochfürstl.
Hof=Capellen undKirchen zuMirabellmit
Predig, undHochamt feyerlichst celebriret,
auch die ganzeOctav hindurch ein heiliger
Particul[72] von diesem grossen, und wun-
derthätigenMartyrer ausgesetzet, und von
einem(Titl)HerrnHerrnDom=Capitularen
des hohenErzstifts gegen 5. Uhr inBedie-
nung derHof=Music ein Litaney gehalten,
IhroHochfürstl.Gnadenetc. etc. lassenSich
belieben dabey inDeroOratorio zu erschei-
70Hochfürstlich-Saltzburgischer Kirchen- und Hof-Kalender
auf das JahrNach derGnadenreichenGeburt unsersHerrn
und Seeligmachers JesuChristiM.DCC.XXVI. Samt bey-
gefügtem SCHEMATISMO.Alles zusammen getragen und
auf eigene Unkösten in den Druck gegeben Von Johann
Georg SchnürerDermahlig-HochfürstlichenCammer- und
Hof-Fourier, Salzburg: Johann JosephMayr 1726.
71Hahnl, Adolf: „DieVerehrung des hl. Johannes vonNepo-
muk in der Salzburger Erzdiözese im 18. Jahrhundert“, in:
250 Jahre hl. Johannes vonNepomuk.Katalog der IV. Son-
derschau desDommuseums zu Salzburg.Mai bis Oktober
1979, Salzburg:Dommuseum1979, S. 90–109.
72Am4.Oktober 1730 hatte der Prager Erzbischof FranzFer-
dinandGrafKuenburg demSalzburger Erzbischof Firmian
einen Halswirbel des Heiligen übersandt, der hier in der
Schlosskapelle ausgestellt und verehrt wurde. Vgl. Ebd.,
S. 103. nen. Auch wird dieses Fest bey denen PP.
Franciscanern feyerlichstmit einer Litaney
die ganzeOctav celebriret.“
In derMitte des 18. Jahrhundertswurde also das
Fest in der Schlosskapelle mit einemHochamt und
Litanei vollzogen, während in der Franziskanerkirche
die Verehrung des Heiligen auch an der Oktav des
Festes und an denTagen dazwischenmit Litaneien
musikalischgestaltetwurde.Als imJahr1765dasFest
zu einem „Festumdupl[ex] I classis cumoctava“ auf-
gewertetwird,werden auch in derKapelle imSchloss
Mirabell die ganzeOktav hindurch „gegen 5Uhr in
Bedienung derHofmusik“ Litaneien gehalten.73Die
musikalischeQualität dieser Litaneien scheint in der
Regierungszeit des FürsterzbischofHieronymusCollo-
redo, insbesondere nach seinen kirchenmusikalischen
Reformen der 1780er-Jahre,merklich gelitten zu ha-
ben, dennLeopoldMozart schreibt am22.Mai 1786
an seineTochter:
„Die sonstmit sovielerPracht imMirabel
gehaltenenLytanien sind seit der itzigenRe-
gierung so herunter gekommen, daßwir itzt
nur kurze, schlechteBierlytanienmachen,
das heist, damit die Leute nur geschwind
wieder auf die Bierbank kommen, und die
Domh: undChorvikarien nicht lange beym
Altar knien därffen. da auch überdas kaum
so viel Leute bey derMusik erscheinen, und
nur die schlechtesten, – daßmannicht ein-
mahl etwas besseresmachen könnte.“74
DerDreifaltigkeitssonntagwurde imDommit ei-
nemHochamt und einemTeDeum „ob der vonGott
1697 so gnädigst abgewendetenFeuers=Gefahr“75 ge-
feiert. In derDreifaltigkeitskirchewurde dasPatrozi-
niumsfest ebenfalls feierlich begangen; dabei wurden
offensichtlich prominenteMitglieder derHofmusik en-
gagiert, die imAnschlussdaranzumEssen eingeladen
wurden, wie dasTagebuchMariaAnnaMozarts vom
73Diese Litaneien als „Maiandachten“ zu bezeichnen,wie es in
derMozart-Literatur immerwieder geschieht (→ z.B.Bir-
cher: „Einblicke“, S. 43), ist historisch und terminologisch
nicht haltbar.
74Bauer/Deutsch:Mozart.BriefeundAufzeichnungen,Bd.3,
S. 547.
75GleichbleibendeFormulierung in allen untersuchtenHofka-
lendern, vgl. z.B.Hofkalender 1739.
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Musik am Dom zu Salzburg
Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Title
- Musik am Dom zu Salzburg
- Subtitle
- Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Authors
- Eva Neumayr
- Lars E. Laubhold
- Ernst Hintermaier
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-540-0
- Size
- 21.0 x 30.2 cm
- Pages
- 432
- Category
- Kunst und Kultur