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1 DerDomalsMetropolitankirche
Wie es bereits in derChorordnungKarlHeinrich
Bibers von 1746 (→ S. 128) schriftlich festgehalten
ist,warendieTrompeter undPauker imDomnurbei
Hochämtern undVespern derPalliumsfeste vertreten.
Der letzte SalzburgerHofkapellmeister notierte sich
etwa40Jahre später in seinemOrdodieFormel„musi-
caplenacumtotaorchestra“155 fürFestaPallii erster
und zweiterKlasse.Anhandder nachfolgendenNotiz,
wonach an denFestenPraepositi et Decani „exceptis
ClarinisHobois, etCornibus“musiziertwerde, zeigt
sich imVergleichzurChorordnung eineWeiterentwick-
lung imVerständnisderBläser-Gruppehinsichtlich ih-
rer zeremoniell-emblematischenBedeutung:Während
ursprünglich ausschließlich Trompeten undPauken
den höchstenFesten zugeordnetwaren, erreichten ab
etwa1772,demRegierungsantrittFürsterzbischofHie-
ronymusColloredos156, immermehr auchHörnerund
Oboen eine imzeremoniellenKontext denTrompeten
ähnlicheBedeutung, sodass sie nur an den höchsten
Festtagen geblasenwurden undwie die Trompeten
einerMesskomposition denRang einerMissa Solem-
nis (→ S. 169) verliehen. An den FestenCanonici
schließlichwirdanalog zurChorordnung dasHochamt
ohne Solisten und „cum semi-orchestra“, das neben
der Basso-continuo-Gruppe nur aus den Streichern
bestand, aufgeführt.
DieBeschreibungweitererAufgaben der Salzbur-
ger Hoftrompeter und -pauker findet sich in einem
Gutachten desOberstallmeisters LeopoldGrafKuen-
burg vom15. September 1803. ZumDienst imZuge
kirchlicher Feste heißt es da:
„Anden sogenanntenFesti [sic!] pallii Tä-
genmußtenalleTrompeterunddie2Pauker
in 2Chören vertheilt, verschideneAufzüge
imResidenzhofe vor der Tafel blasen. Bey
demgewöhnlichenmonathlichen 7stündigen
155Ordo Festivitatum et Functionum In hacMetropolitana Ec-
clesia Salisburg[e]nsi. SLA,HKCausaDomini 1803–8Lit.
D.Reg. IX/185, fol. 76r–77v: 77v.
156Zu diesem Datum und zur Rolle der Trompeten am En-
de des 18. Jahrhunderts vgl.Laubhold, Lars E.: „Luigi
Gatti, HieronymusColloredo und die SalzburgerTrompe-
tenmusik ihrerZeit“, in:EvaNeumayr/LarsE.Laubhold
(Hrsg.):KeineChance fürMozart. FürsterzbischofHierony-
musColloredound sein letzterHofkapellmeisterLuigiGatti
(1740–1817). Symposiumsbericht, Lucca: LibreriaMusica-
le Italiana 2013, (Veröffentlichungen zur Salzburger Mu-
sikgeschichte, 10; zugl.Musicologica Transalpina, 2; zugl.
Schriftenreihe des Archivs der Erzdiözese Salzburg, 12),
S. 117–143, hier: S. 126–143. Gebethemußten sie bey der Procession in
derDomkirche erscheinen, sowie auch bey
denFronleichnamsProcessionen die ganze
Woche hindurch.“157
Neben diesen Prozessionen waren die Trompeter
auch an den solennenVespern an denVortagen von
Hochfesten beteiligt, darüberhinauswurden auchLi-
taneien gelegentlich mit ihnen musiziert.Während
von den überliefertenQuellen der Sakramentslitanei-
enmehr als einDrittelmitTrompeten undPauken
besetzt sind, sind es bei sieben Josephslitaneien alle,
jedochvondenLauretanischenLitaneiennurungefähr
einFünftel. Auch derGroßteil der Litaneien für das
Fest des hl. JohannesNepomuk in derKapelle von
SchlossMirabell (einschließlich der Lauretanischen
Litaneien für diesenAnlass) sindmitTrompeten und
Pauken besetzt.158
DieFrage,welcheLitaneien in derMetropolitankir-
che unterMitwirkung derHofmusikkapelle gehalten
wurden, lässt sich anhand vonGattisOrdo eindeutig
klären.DieNotiz „3 Lytaniae solemnes de Sacramen-
to, inMagnoCoro, inDomcaPalmarum, et Fer.a 2da
et 3a cum dupplici Orchestra“ bezeichnet die drei
Sakramentslitaneien, die imZusammenhangmit dem
40-stündigenGebet beginnend amPalmsonntag ge-
feiertwurden.Daneben nenntGatti 30 Litaneien an
Marien-Feiertagen und 52Litaneien an den Samsta-
gen jederWoche. Zusätzlichwurden noch die durch
das ganze Jahrhundert üblichen zwei große Litaneien
„in Fest: SS.um Josephi, et Annae cum processione
inEcclesia“ von derHofmusikkapelle, demDomchor
und den Solistenmusikalisch gestaltet. Besonders die
vonderJosephs-Bruderschaftam19.Märzgehaltenen
Litaneien amFest des Landespatronswurden äußerst
prächtig gefeiert.159 ImZusammenhangmit denLi-
taneien anMarienfeiertagen könnteman vermuten,
diese seien von derHofmusikkapelle in derDreifaltig-
keitskirchemusiziertworden,wohin sich derFürsterz-
bischof lautHofkalender inderRegel andenNachmit-
tagen vonMarienfeiertagen begab, umderAndacht
beizuwohnen.Gegen dieseAnnahme spricht jedoch
der Titel vonGattisOrdo, dermit derOrtsbestim-
157SLA,Geh. Hofkanzlei XXIX/2b, Fasc. I., zit. beiHinter-
maier:Die Salzburger Hofkapelle, S. XXI.
158Die restlichen zwei tragen demFestmit der ungewöhlichen
Besetzung von einem oder zwei Solo-FagottenRechnung,
vgl. A-Sd,A 697,A 699.
159Hintermaier: „Vorwort“ zuDMS9.
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Musik am Dom zu Salzburg
Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Title
- Musik am Dom zu Salzburg
- Subtitle
- Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Authors
- Eva Neumayr
- Lars E. Laubhold
- Ernst Hintermaier
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-540-0
- Size
- 21.0 x 30.2 cm
- Pages
- 432
- Category
- Kunst und Kultur