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2.1 Das 17. und 18. Jahrhundert
ecclesiastici a una, due, tre, quattro et a cinque
voci (Venedig 1614,RISMC1751).
2. Pietro Lappi (ca. 1575–1630) verehrte demSalz-
burgerErzbischof seinenLiber primusmit fünf
Messkompositionen zu vier, fünf und sechs Stim-
men und „Organum concentum“ mit der An-
merkung: „Tre sono concertate a voce solo
nell’Organo“ (Missarum [...] quaternis, quinis
& senis vocibus, ad Organum concentum, liber
primus,Venedig:RiccardoAmadino1613 (RISM
L685)).11
3. PietroPace (1559–1622),Organist an der Santa
Casa inLoreto, dedizierte ihmseinL’ottavo libro
de motetti a una, due, tre e quattro voci. Con
il SalmoDixit &Magnificat zu sechs Stimmen
(„il tutti concertati, con il Basso continuo per
sonare“)OpusXIX (Rom1619,RISMP11).
Über dieMusik bei der erstenPontifikalmesse, die
Markus Sittikus 1612 in der heutigen Franziskaner-
kirche hielt, berichtet derChronist Johannes Stain-
hauser:
„Zu diesem allerstattlichisten solem-
nischen Act hat sich auch die hochf.
Hofmusica,mit den allerkünstlichsten lieb-
lichstenConcerten, in unterschiedlicheChor
abgeteilt, darunter sich auch dieTrommet-
ten, Lauten, Violen, tiorba, Zinggen und
Posaunen hören lassen, ihrem genädigsten
Herrn zu untertänigstemGefallen lobwürdi-
gist gebrauchet.“12
Mehrchörigkeit undMusizieren „in concertato a
voce solo nel’organo“war also spätestens unterFürst-
erzbischofMarkusSittikus zumfestenBestandteil der
geistlich-liturgischenMusizierpraxis in Salzburg ge-
worden. Sie fand ihre architektonischeEntsprechung
in der neuenDomkirchemit ihren vierMusikerem-
poren, derenGrundsteinMarkus Sittikus 1614 legte,
11Vgl. auch seinenErzbischof Paris Lodron gewidmetenDruck
Salmi a tre e quatro chori concertati per cantar nell’organo
(RISMZ24).Der beiAngeloGardano inVenedig erschie-
nene Stimmendruck enthält neben 16 fünfstimmigenMa-
drigalen ein sechs- bzw. ein siebenstimmigesMadrigal.
12Rainer,Werner (Hrsg.):Marcus Sitticus.Was sich in Re-
gierung des hochwürdigsten FürstenMarx SittichenDenk-
würdiges zugetragen, beschrieben durch Johannes Stain-
hauser, Salzburg:Gesellschaft für Salzburger Landeskunde
2012, (Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Lan-
deskunde/Ergänzungsband 29), S. 36. nachdemer denPlan des von seinemVorgänger be-
stelltenBaumeistersVincenzo Scamozzi (1548–1616)
verworfen und Santino Solari (1576–1646)mit dem
Baubeauftragt hatte.
Musikpflege ander neuenDomkirche ab1628
DieFertigstellung derKathedrale sollteMarkus Sit-
tikus nicht mehr erleben. SeinemNachfolger Paris
Lodron (1586–1653) war es beschieden, den Neuen
Dom imJahre 1628mit großemAufgebot zuweihen.
DasAbleben desHofkapellmeisters PietroBonamico
(ca. 1579–um 1625) und derWunsch, die bevorste-
hendeDomweihemusikalisch prächtig zu gestalten,
veranlasstenFürsterzbischof Paris Lodron, denVero-
neserDomkapellmeisterStefanoBernardi (1577–1637,
→S. 342) spätestensAnfangApril 1627 alsHof- und
Domkapellmeister nach Salzburg zu berufen. Bernar-
di, der zunächst inRom,dann inVeronaundab1622
inBrixen gewirkt hatte unddessen hoher künstleri-
scherRang sich in Salzburg u.a. in seinerAufnahme
in die hoch dotierte und angesehene Schneeherren-
Stiftung zeigt13, sollte für eine außergewöhnlichemu-
sikalischeGestaltung derDomweihe sorgen.
Gleichmehrere gedruckteBerichte und eine hand-
schriftlicheTagebuchnotiz eines daran teilnehmenden
Chronisten aus demPinzgau enthaltenHinweise zur
Musik und dokumentieren dieses Ereignis.14Die li-
turgischen und außerliturgischenFeierlichkeiten und
Festivitätenam24.und25.September1628warenauf-
wendig und orientierten sich sicherlich anUmzügen,
die bereitsErzbischofMarkusSittikuswährend seiner
Regierungszeit inszeniert hatte.15Vor allemwurde
dieReliquienprozession am24. September zu einem
großen und nachwirkenden Ereignis, das in einem
überdimensionalen Kupferstich, in vier gedruckten
Dokumentationen und in einer persönlichen hand-
schriftlichenTagebuchnotiz festgehaltenwurde.16
13Thaler:Schneeherrenstift, S. 140f.
14Hintermaier, Ernst: „Missa Salisburgensis. NeueErkennt-
nisse überEntstehung,Autor undZweckbestimmung“, in:
MusicologicaAustriaca, 1 (1977), S. 154–196;Hintermaier,
Ernst: „‚Es kundt imHimmel nit scheener oder lustiger
sein‘. Musikpflege undmehrchörigesMusizieren am Salz-
burgerDom im17. Jahrhundert“, in: Jürg Stenzl/Ernst
Hintermaier/GerhardWalterskirchen (Hrsg.): Salz-
burgerMusikgeschichte. VomMittelalter bis ins 21. Jahr-
hundert, Salzburg u.München: Pustet 2005, S. 139–164,
hier: S. 139–141.
15Vgl.Rainer:Marcus Sitticus, passim.
16Hintermaier: „Missa Salisburgensis“;Hintermaier: „Es
kundt imHimmel“, S. 139–149;Zaisberger, Friederike:
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Musik am Dom zu Salzburg
Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Title
- Musik am Dom zu Salzburg
- Subtitle
- Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Authors
- Eva Neumayr
- Lars E. Laubhold
- Ernst Hintermaier
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-540-0
- Size
- 21.0 x 30.2 cm
- Pages
- 432
- Category
- Kunst und Kultur