Page - 49 - in Musik am Dom zu Salzburg - Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
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2.1 Das 17. und 18. Jahrhundert
Modelle bis zu sechs- bis neun- oder gar elfstimmigen
Varianten.80
SchließlichkonnteBiber,der langeausschließlichals
Komponist kirchlicherMusik galt81, auch alsAutor
derMusik zu JohannPaulKarl Bischoffskys am15.
April 1735 auf demUniversitätstheater aufgeführtem
SchuldramaConstantia Clodoaldi coronata82 nachge-
wiesenwerden.83
Fürsterzbischof FranzAntonsNachfolger, Leopold
AntonEleutherius Freiherr vonFirmian (reg. 1727–
1744), regierte dasFürstentumSalzburg in einer Zeit,
in der sich die europäischeMusik imUmbruch be-
fand. Firmians Name blieb allerdings nicht so sehr
wegen der Förderung vonKunst undWissenschaft
in Erinnerung als vielmehr wegen seiner bis heute
nachwirkenden politischenFehlentscheidungen:Auf
Anraten seines Hofkanzlers forderte er imOktober
1731 alle Salzburger, die sich zumprotestantischen
Glauben bekannten, auf, binnen dreierMonate das
Land zu verlassen. Damit war er einer der letzten
geistlichenReichsfürsten, die sich auf das imAugs-
burgerReligionsfrieden und imWestfälischenFrieden
niedergelegteRechtsprinzip „cuius regio, eius religio“
beriefen.
SeinebesondereFörderungder SalzburgerBenedik-
tineruniversität und seineParteinahme fürdie sichan
der Salzburger Universität anbahnendeAufklärung
müssendaherwohl imKontextgegenreformatorischen
Eifers gesehenwerden. Der unter Firmians Schirm-
herrschaft sich immer mehr verbessernde Ruf der
hundert Jahre zuvor gegründeten Salzburger Bene-
diktineruniversität zog über die zahlreichen konföde-
riertenKlöster im süddeutsch-österreichischenRaum
undderen Schulen viele Studenten an, die über eine
profunde humanistischeBildung verfügten, in der der
Musik ein großer Stellenwert beigemessenwurde.
Auch zwei schwäbische Studenten führte aus die-
senGründen derWeg an die SalzburgerUniversität:
JohannErnst Eberlin (1702–1762), Sohn einesOber-
amtsmannes in Jettingen, inskribierte imDezember
1721Jura.NahezueineGeneration später schrieb sich
80AbsiebenStimmenaufwärts ist einkomplettervierstimmiger
Trompeterchorbeteiligt, der fallweisedurch einClarin-bzw.
Clarin- undViolinsolo ergänzt oder für dieVariante „à 11“
(A 783) zumDoppelchor ausgebautwird.
81Hintermaier:Die Salzburger Hofkapelle, S. 31.
82Boberski:DasTheater der Benediktiner, Nr. 452.
83Hintermaier: „NeueQuellen zumSalzburgerBenediktiner-
drama“. Leopold Mozart (1719–1787), Sohn eines Buchbin-
ders inAugsburg, imNovember 1737 für Philosophie
undJura ein.Beide schlossen ihrUniversitätsstudium
nicht ab: LeopoldMozartwurde von derUniversität
sogar verwiesen und schlug, wie Jahre zuvorEberlin,
die Laufbahn eines Musikers ein – Eberlin die des
Hoforganisten (1726) undHofkapellmeisters (1749),
Mozart die desHofviolinisten (1743/46) undVizehof-
kapellmeisters (1763).
Über das bei Hof und in derDomkirche geführte
SalzburgerMusiklebenumdieMitte des 18. Jahrhun-
dertswar schon seinerzeit die Leserschaft vonFried-
richWilhelmMarpurgsHistorisch-kritischenBeyträ-
gen zurAufnahme derMusik umfassend informiert.84
Man geht davon aus, dass die anonymabgedruckte
Nachricht von dem gegenwärtigen Zustande derMu-
sik Sr. Hochfürstlichen Gnaden des Erzbischoffs zu
Salzburg imJahr 175785 vonLeopoldMozart verfasst
wurde86, der damit ein lebendigesBild vonPersonal
undOrganisation derHof- undDommusikmit ihren
zweiKapellmeistern, drei Hofkomponisten, 27 Instru-
mentalisten, 35Hof-undDomchorsängern87, dreiKal-
kanten sowie einem zwölfköpfigenHoftrompeter- und
Paukercorps gab: „Dass sich also die Zahl aller derer,
die zurMusik gehören, oder auchwegen derMusik
vomHofe besoldet sind, auf 99 [recte 100] Personen
beläuft.“88
Ander großenBedeutung, die derAutor innerhalb
diesesEnsemblesdemKapellmeisterEberlinbeimisst,
besteht keinerlei Zweifel: „wenn jemanddenNamen
eines gründlichen und fertigenMeisters in der Setz-
kunst verdienet, so ist es gewiß dieserMann“89.
JohannErnstEberlinsKarriere, die ihn vomvier-
ten (1726) über den erstenHoforganisten (1742)mit
Hindernissen (→ S. 347) bis zumHofkapellmeister
84MarpurgwarMusikkritiker, -theoretiker und -historiker und
vertrat Ideen derAufklärung. LeopoldMozartsKontakt zu
ihm zeigt, dassMozart diesen Ideen begeistert gegenüber-
stand. 1755wurde LeopoldMozart vonLorenzMizler zur
Aufnahme in die berühmte Leipziger „Societät dermusika-
lischenWissenschaften“ vorgeschlagen.
85[L.Mozart]: „Nachricht vondemgegenwärtigenZustande“.
86Vor allemdass in demText abweichend vom sonstigen Sche-
maderDarstellungvon„desHrn.Mozards inHandschriften
bekannt gewordenen Compositionen“ (ebd., S. 185) aus-
führlicheKunde gegebenwird, spricht für dieAutorschaft
Mozarts.
87Zudiesen kommen in derDomliturgie 15Kapellknaben und
drei Posaunisten dazu.
88[L.Mozart]: „Nachricht von demgegenwärtigen Zustande“,
S. 198.
89Ebd., S. 183.
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Musik am Dom zu Salzburg
Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Title
- Musik am Dom zu Salzburg
- Subtitle
- Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Authors
- Eva Neumayr
- Lars E. Laubhold
- Ernst Hintermaier
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-540-0
- Size
- 21.0 x 30.2 cm
- Pages
- 432
- Category
- Kunst und Kultur