Page - 61 - in Musik am Dom zu Salzburg - Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
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2.1 Das 17. und 18. Jahrhundert
aufsichaufmerksammachte,findetsichbereitswenige
Monatenach seinerDekretierung in einemBriefWolf-
gangAmadéMozarts ausMailand an seine Schwester
vom5.Dezember 1772: „der fischietti wirdwohl bald
anfangen an seiner opera buffa /: auf Teütsch / an
seiner närrischen opera zu arbeiten.“173Leiderwissen
wir nicht, anwelcher „opera“ er zu arbeiten begann
bzw. beginnenwollte.Nicht inFrage kommt obder
Bezeichnung als „opera buffa“ dieOperTalestri re-
gina delle Amazzoni, eineOpera drammatica, deren
LibrettoMaria AntoniaWalpurgis, Kurfürstin von
Sachsen (E.T.P.A.), verfasst und auch selbst vertont
hatte. Eine Salzburger Aufführung derOper in der
VertonungFischiettis ist durchzwei erhalteneTextbü-
cher nachzuweisen.174EineweitereOperFischiettis,
L’isola disabitata nach einemLibrettoMetastasios,
konnte Nicole Schwindt-Gross in einer Partiturko-
pie des SalzburgerHofkopistenMaximilianRaab in
derBibliothek derHl.Kapelle zuAltötting nachwei-
sen.175 Siewurdewahrscheinlich am14.März 1774
imHoftheater aufgeführt.176
Wie lange Fischietti seinen Dienst als Hofkapell-
meister in Salzburgwahrgenommen hat, ist nicht auf
denTag genau festlegbar. Die erste und einzige Er-
173Bauer/Deutsch:Mozart.BriefeundAufzeichnungen,Bd.1,
S. 466.
174TALESTRI / REGINA / DELLEAMAZZONI. / OPE-
RA DRAMMATICA / DI / E.T.P.A. / DA RAP-
PRESANTARSI / IN CORTE PER COMANDO / DI
S.A.R.L’ARCIVESCOVOE/PRENCIPEDISALISBUR-
GO etc. etc. / LAMUSICADELCELEBRE/SIGNOR
DOMENICOFISCHIETTINAPO- / LITANO,ATTUAL
MAESTRODI / CAPELLADELLAPREFATAS.A.R.
/ SALISBURGO, /Nella Stamperia di Corte 1773, Text-
bücher imArchiv der Erzdiözese Salzburg, 37/96, und der
UniversitätsbibliothekMozarteum, o. Sign. Da die Oper
mit der Musik der Kurfürstin bereits im Jahre 1765 in
München und zuvor 1763 in Dresden aufgeführt wurde
und in drei Bänden in Leipzig bei Breitkopf&Härtel im
Druck erschien, von denen zwei Bände in Salzburg erhal-
ten sind (A-Sd,O 5a-b), regt sich derVerdacht, Fischietti
habe die Oper in der VertonungMaria AntoniaWalpur-
gis’ von Sachsen in Salzburg auf dieBühne gebracht.Als
Komponistin,Librettistin, SängerinundGemahlindes säch-
sischenKurprinzen zählteMariaAntoniaWalpurgis (1724–
1780) zu den interessantenFrauengestalten ihrer Zeit. Vgl.
Neumayr, Eva: [Art.:] „Maria Antonia, Kurfürstin von
Sachsen“, in:BeatrixBorchard (Hrsg.):MUGI.Musik-
vermittlung undGenderforschung: Lexikon undmultime-
diale Präsentationen, Hochschule fürMusik undTheater
Hamburg, 2003ff. 2007 〈URL: http://mugi.hfmt-hamburg.
de/artikel/Maria_Antonia_Kurfuerstin_von_Sachsen〉 –
Zugriff am07.03.2016.
175Altötting,HeiligeKapelle (D-AÖhk), Sign.Nr. 472.
176Schwindt-Gross, Nicole: „Zwei bisher unbekannte Salz-
burgerL’Isola disabitata-Vertonungen“, in:Mitteilungen
der Internationalen StiftungMozarteum, (1989),Nr. 1–4,
S. 161–176, hier: S. 173. wähnung,dieauf einenWeggangFischiettishindeutet,
findet sich in einemBrief LeopoldMozarts an seine
Frau vom 15. Februar 1775 aus München, in dem
er berichtet, dass ihm ein ihm unbekannter Garde-
Leutnant aus Salzburgmitgeteilt hätte, „daß der Fi-
schietti aussprenge, er [werde] bis EndeMartii nach
Neapl beruffen seyn. damit ermit gloryweggeht, und
man glauben soll, er müßte etwas Componiren.“177
Fischiettis dreijährigerVertrag lief EndeAugust 1775
aus, sodass er zeitgerecht imHerbst 1775 am4.No-
vember dieAufführung seiner neuenOperNitteti im
Teatro S. Carlo zu Neapel einstudieren und leiten
konnte.
Bevor Fischietti von SalzburgAbschied nahm, hat-
te er jedoch imRahmen seinerDienstverpflichtungen
noch einenAuftrag zu erfüllen, der ein interessantes
Licht auf Colloredos Willen, auch mit seiner Hof-
musik und seinen Sängern zu brillieren, wirft. Zu
Ehren des ihn am22. und 23.April 1775 besuchen-
denKölnerKurfürstenErzherzogMaximilian, eines
SohnsMariaTheresias, wurden amHoftheater in der
Residenz zwei „Serenate“178 dargeboten.Domenico
Fischietti steuerte für diese FeierlichkeitenGli orti
esperidi179 undder jungeWolfgangAmadéMozart Il
Re pastore bei.180 JoachimFerdinand von Schidenho-
fen (1747–1823), bei Hof angestellt und enger Freund
der FamilieMozart, berichtete in seinemTagebuch
in zwei kurzenNotizen von denAufführungen dieser
177Bauer/Deutsch:Mozart.BriefeundAufzeichnungen,Bd.1,
S. 523.
178Einen Versuch zur Deutung dieses Begriffs in Bezug auf
Salzburg unternimmtSchwindt-Gross, indem sie „Serenate“
als konzertant dargeboteneOpern von „opere“ unterschei-
det. Vgl.Schwindt-Gross: „SalzburgerL’Isola disabitata-
Vertonungen“, S. 166.
179WelcheAzionemusicale dies gewesen sein könnte, war lange
unbekannt.Die Identifizierung einer vonHofkopistMaxi-
milianRaab geschriebenenPartiturmit demTitelGli Orti
esperidi undderAutorangabeDomenicoFischietti, die sich
in denMusikalienbeständen der Internationalen Stiftung
MozarteumSalzburg (BibliotecaMozartiana (A-Sm),Ra-
raHsFisch 10) erhalten hat, lässt den Schluss zu, dass es
sich dabei umFischiettis Beitrag handelte, da die Stimm-
lagen der Besetzungen identisch sind. Vgl.Hintermaier,
Ernst: „DomenicoFischietti undW.A.Mozart“, in:Ös-
terreichischeMusikzeitschrift, 29 (1974), Nr. 1, S. 25–28.
180Wegen des Librettos dürfte sich Fischietti bereits im De-
zember 1774 imKlaren gewesen sein, sofernwir Leopold
Mozarts Mitteilung an seine Frau vom 17.12.1774 nicht
missverstehen: „H: Fischietti hat gut gethann sich bald et-
was zuwählen, damit er bald anfangen kann.Wenn du ihn
siehest kannstDu ihmeinComplimentvonunsmelden.wir
haben noch nicht daran gedacht etwas auszusuchen. dazu
ist noch zeit genug“.Bauer/Deutsch:Mozart. Briefe und
Aufzeichnungen, Bd. 1, S. 507.
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Musik am Dom zu Salzburg
Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Title
- Musik am Dom zu Salzburg
- Subtitle
- Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Authors
- Eva Neumayr
- Lars E. Laubhold
- Ernst Hintermaier
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-540-0
- Size
- 21.0 x 30.2 cm
- Pages
- 432
- Category
- Kunst und Kultur