Page - 62 - in Musik am Dom zu Salzburg - Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
Image of the Page - 62 -
Text of the Page - 62 -
2 Geschichte derMusik an derMetropolitankirche
beiden „Serenaden“181, für die ausMünchen extra
derKastratTommasoConsoli undderFlötist Johann
Baptist Becke engagiert worden waren. Vermutlich
hat Fischietti die Aufführung dieser Serenata noch
selbst betreut und in Szene gesetzt. Danach dürfte
er jedoch nicht mehr nach Salzburg zurückgekehrt
sein, obwohl seinNamebis zumDienstantritt Luigi
Gattis im Jahre 1783 in den jährlich erscheinenden
Hofkalendernmit der alsAuszeichnung zu bewerten-
denBeifügung „Titular-Kapellmeister“ aufschien, die
ihmFürsterzbischofHieronymusvermutlichanlässlich
seinesAbschieds im Jahre 1775 verliehen hatte. Viel-
leicht erhoffte sich der Fürsterzbischof vonFischietti
nochweitere neuemusikdramatische und geistliche
Kompositionen – nach heutigemWissensstand hat
sichFischietti fürdieseErnennung jedochnie erkennt-
lich gezeigt.
GiacomoRust (1741–1786), der ihm imJuni 1777
imAmt desHofkapellmeisters nachfolgte, Salzburg
aberbereits imFebruar1778wiederverließ, hinterließ
inSalzburgsMusiklebentrotzhohenSalärskaumSpu-
ren.Während seines Aufenthalts entstand lediglich
die Serenata Il parnaso confuso nachMetastasio, die
der Fürsterzbischof für dieKonsekrationsfeierlichkei-
tenvonAntonTheodorGrafColloredo alsErzbischof
vonOlmütz inAuftrag gegeben hatte.182ÜberRusts
Tätigkeit inSalzburg sindwir inersterLiniedurchdie
Familienkorrespondenz zwischenVater und SohnMo-
zartwährend dessenParis-Reise informiert.183Wäh-
rendRusts kurzemAufenthalt in Salzburg lassen sich
fast keineWerke nachweisen.184 In einem einzigen
Fall berichtete Leopold seiner Frau, dass, „weil Rust
nicht fertigwurde“, beimAmt „abermahl einAgnus
181Angermüller, Rudolph/Hannelore Angermüller/
Günther Bauer (Hrsg.): Joachim Ferdinand von
Schidenhofen, ein Freund der Mozarts. Die Tagebü-
cher des Salzburger Hofrats, Bad Honnef: Bock 2006,
(Mitteilungen derGesellschaft für Salzburger Landeskun-
de/Ergänzungsband 24), S. 60–61.
182Ostiglia (I-OS), Mss. Mus. 248. Diese lange verloren ge-
glaubte Serenatawurde vonAlessandroLattanzi in einer
Abschrift Maximilian Raabs in der Biblioteca musicale
‚G.Greggiati‘ wiederentdeckt. EinAufsatz darüber ist in
Vorbereitung.
183DieBerichte vermitteln tiefeEinblicke in die sozialeKommu-
nikation zwischenHofmusikern, derenUmgangmiteinander
nicht immer spannungsfrei verlief.Außerdembeleuchten sie
die vomFürsterzbischof verfolgte Personalpolitik.
184Leopold Mozart und Hofkonzertmeister Johann Michael
HaydnhattendadurchalleMöglichkeiten,Werke ihrerWahl
aufzuführen, was LeopoldMozart dazu nutzte, in erster Li-
niegeistlich-liturgischeWerkeseinesSohneszupräsentieren. Dei vomHaydngemacht“wurde.185Obwohl dieseBe-
merkung darauf hindeutet, dassRust auch geistliche
Musik für Salzburg komponiert habendürfte, sind im
Archiv desDomes keinemusikalischenQuellen von
ihm erhalten.186
DieOper Il parnaso confuso nach einemText von
PietroMetastasiodürftedas einzigeErgebnisgewesen
sein, dasRustwährend seinerTätigkeit als Salzbur-
gischerHofkapellmeister präsentierte, denn auch un-
ter den gedrucktenTheaterprogrammenundTextbü-
chern jenerZeit finden sichkeineHinweise aufweitere
Werke.Rust verließ Salzburg imFebruar 1778 nach
einigemHin undHer aus gesundheitlichenGründen.
DieAufführung von Il parnaso confuso fand bereits
in seinerAbwesenheit am17.Mai 1778, vermutlich
unter der Leitung vonMichael Haydn, imHoftheater
statt. Von der Qualität derMusik warman jedoch
allgemein enttäuscht, wie LeopoldMozart berichtet:
„DesRusts Serenata /: umauf euere fra-
gen zu antworten :/ hat nicht gefahlen, es
war immer die alte Leyern, der Erzbischof
selbst, und die ganzeWelt fand nichts als
ausgeschriebne und ausgedroschene Passa-
gen, folglich dieWort hinein gezwungen um
die gestohlne Musik brauchen zu können.
auf die letztewar einQuintet, da nahm er
gar ein seinigesSeptet aus einer operaBuffa
her, welches auf lustige und närrischeWort
gemachtwar, folglich auch sehr geschwind
musste ausgeführt werden; er zwang nun
ernsthafteWorte darauf – daswarwirklich
zum todlachen. der Fürstwar gar nicht zu-
frieden.“187
Nach den unglücklichen Personalentscheidungen
Colloredos brachte erst dieBestellung des nächsten
Hofkapellmeisters, Luigi Gatti, wieder Stabilität in
dieHofkapelle.
LuigiGatti (1740–1817)war 1782 vonHieronymus
Colloredo alsHofkapellmeister nachSalzburgberufen
worden und hatte diesesAmt nach demAblauf einer
185Bauer/Deutsch:Mozart.BriefeundAufzeichnungen,Bd.2,
S. 11.
186Auch eine Suche imRISM-Opac blieb negativ. Imbetreffen-
denArtikel inMGG2 ist an geistlicherMusik lediglich ein
Responsorium„Beatammedicent omnes“ angeführt.Vgl.
MGG2, Personenteil, Bd. 14, Sp. 702.
187Bauer/Deutsch:Mozart.BriefeundAufzeichnungen,Bd.2,
S. 384f.
62
Musik am Dom zu Salzburg
Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Title
- Musik am Dom zu Salzburg
- Subtitle
- Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Authors
- Eva Neumayr
- Lars E. Laubhold
- Ernst Hintermaier
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-540-0
- Size
- 21.0 x 30.2 cm
- Pages
- 432
- Category
- Kunst und Kultur