Page - 18 - in Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa - Hof – Oper – Architektur
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Heiko Laß, Margret Scharrer
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architekturen kennzeichneten den Platz des Landesherrn theoretisch, unabhängig von
seinem tatsächlichen Sitz oder seiner persönlichen Anwesenheit.21 Die Herrscher selbst
und ihre Entourage waren leitende Bestandteile der Aufführungen, sei es, dass sie als
Initiatoren, Organisatoren, Komponisten, Tänzer, Musiker oder Sänger fungierten, sei
es, dass sie selbst in Gestalt von göttlichen Wesen oder Helden auf der Bühne wie in
bildlichen oder architektonischen Medien auftraten und damit verherrlicht wurden, sei
es, dass sie lediglich Adressaten der Bemühungen waren.22
Musiktheatrale Darbietungen wurde von den Höfen der Frühen Neuzeit als Medium
genutzt.23 Es handelt sich hier um keine Besonderheit des Musiktheaters, auch Archi-
tektur und Fest konnten als Medium dienen. Sie alle prägten das Bild eines Hofes in der
Öffentlichkeit. Innerhalb der höfischen Welt der Frühen Neuzeit galten in Europa be-
stimmte Normen, denen man genügen musste, wollte man die Anerkennung erlangen,
die notwendig war, um politisch überleben und überzeugen zu können. Das mag uns
heute abstrakt erscheinen, war aber damals unumgänglich. Auch in der Frühen Neuzeit
hatte niemand Geld im Überfluss oder gab dieses ausschließlich zum eigenen Vergnü-
gen aus – auch wenn die Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts teilweise diesen
Eindruck vermitteln mag. Im Gegensatz zu unserer Gegenwart verfügten die Menschen
in der Frühen Neuzeit aber nicht über aussagekräftige Parameter zur Messung realer
Macht. Es war daher notwendig, die Wahrnehmung der eigenen Person bzw. des eige-
nen Hofes und damit Staatswesens positiv zu beeinflussen. Höfischer Aufwand mani-
festierte immer auch die außenpolitische Stellung eines Landes. Nur wer sich Dinge
leisten konnte, die dem anerkannten Standard genügten, konnte auch damit rechnen,
außenpolitisch Anerkennung zu finden, standesgemäße Heiraten und Allianzen einzu-
gehen sowie Respekt beim eigenen Adel zu erlangen. Berichte informierten über die
Landesherren und ihre Höfe, ihre Feste und Architekturen – oft vom Auftraggeber be-
stellt und dementsprechend panegyrisch.
Zunehmend emanzipierte sich das höfische Musiktheater von bestimmten Festan-
lässen. Damit gehörten Oper und Theater zu den wenigen Festarten bei Hofe, die nicht
anlassgebunden sein mussten. Es wurden sogar eigene Spezialräume geschaffen und
einige Höfe verfügten über ein stehendes Hoftheater, das außer in den Fastenzeiten
einen ständigen Opernbetrieb gewährleistete. Im höfischen Bereich wurde sie dennoch
oft in Zusammenhang mit einem bestimmten Casus aufgeführt. Ganze Festfolgen ent-
standen, um Geburten, Hochzeiten, Thronbesteigungen, militärische Siege oder andere
politische Ereignisse nach innen und außen wirkungsvoll zu feiern. Je wichtiger der
21 Vgl. die Beiträge von Müller (S. 41) und Laß (S. 91) in diesem Band.
22 Vgl. die Beiträge von Jacobsen (S. 67), Pietschmann (S. 449), Langewitz (S. 395), Haenen (S. 423),
Hilscher / Mader-Kratky (S. 461), Fenböck (S. 493) in diesem Band.
23 Dass musiktheatrale Darbietungen in höfischen Kontexten als wesentliches Mittel herrscherlicher Re-
präsentation fungierten, ist in den letzten Jahren ausführlich diskutiert worden, siehe dazu stellvertre-
tend: Hoven 2015; Werr 2010, Rode-Breymann 2010.
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Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
Hof – Oper – Architektur
- Title
- Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
- Subtitle
- Hof – Oper – Architektur
- Authors
- Margret Scharrer
- Heiko Laß
- Editor
- Matthias Müller
- Publisher
- Heidelberg University Publishing
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-947732-36-4
- Size
- 19.3 x 26.0 cm
- Pages
- 618
- Keywords
- Kunstgeschichte, Architektur, Oper, art history, architecture, opera
- Category
- Kunst und Kultur