Page - 33 - in Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa - Hof – Oper – Architektur
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Räume der Herrschaftsrepräsentation in der Musiktheater-Kultur am Wiener Kaiserhof von Leopold I.
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Namenstag von Leopod I. 1688) bis hin zu Wäldern mit Höhlen (in L’Arsace, fondatore
dell’imperio de’Parthi31 zum Geburtstag von Leopold I. 1698).
Diese Grundtypen wurden durch einige wenige, hin und wieder eingesetzte pitto-
reske Sonderschauplätze, wie Bauernzimmer, Gefängnis oder königliches Zelt im Feld
ergänzt. Für die Licenza kam der Tempel (des Janus, des Jupiter, der Pallas, der Venus)
als ein in der Ferne auf einem Berg gelegener Schauplatz hinzu.
Burnacinis Beschränkung auf wenige Bühnenbildtypen erklärt sich aus den Produk-
tionsbedingungen: Als Bühnenarchitekt war er Akteur in einem eingespielten Team,
das enorm schnell eine Geburtstags- und Namenstagoper nach der anderen produzieren
musste. Der Tradition »der venezianischen Oper des 17.
Jahrhunderts« verpflichtet, die
»zwölf Bühnenbildtypen«32 kannte, übernahm er von dort Saal, Hof, Platz, Garten und
Grotte in das habsburgische Musiktheater und verwendete in seltenen Ausnahmefällen
auch Kerker und Straße. Treppenanlagen, Turm, Theater auf dem Theater verwendete
er nicht, und Szenen in den Wolken begegnen nur bei herausgehobenen Anlässen, nicht
aber in den Geburtstags- und Namenstagopern.
Nicht gezeigte Räume
Leopolds Regentschaft war eine Zeit von Konflikten und Kriegen – kulminierend in
der Türkenbelagerung zwischen Juli 1683 und August 1684. Während der Türkenbela-
gerung wurde das Theater auf der Cortina wegen Brandgefahr abgetragen, und als die
Vorstädte Wiens niedergebrannt wurden, wurde auch die kaiserliche Sommerresidenz
Favorita zerstört: »Nur die Hauptmauern waren stehen geblieben, alle« Holzdecken
»und die hölzernen Dachstühle waren durch den von den Stadtverteidigern gelegten
Brand vernichtet.«33
Dennoch – »trotz schwerster politischer und kriegerischer Auseinandersetzungen,
trotz großer finanzieller Schwierigkeiten«34
– wurde Musiktheater gespielt. Allerdings
reagierte der Hof auf die zunehmende Bedrohung durch die Türken zu Beginn der
1680er Jahre mit einer Anspruchs- und Aufwandsreduzierung des Musiktheaters zu den
Geburts- und Namenstagen. Zu den Geburtstagen des Kaiserpaars wurden nicht mehr
dreiaktige, sondern nur noch einaktige Opern mit ein bis maximal vier Bühnenbildern
aufgeführt. Auf die Aufführung von Namenstagsopern verzichtete man ganz. Erst als
politisch eine gewisse Konsolidierung erreicht war, setzte gegen Ende der 1680er Jahre,
nachdem Joseph
I. 1687 zum König von Ungarn und 1690 zum römisch-deutschen König
31 Cupeda 1698.
32 Solf 1975, S. 22–23.
33 Schlöss 1998, S. 37–38.
34 Hiltl 1975, S.
162–163.
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Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
Hof – Oper – Architektur
- Title
- Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
- Subtitle
- Hof – Oper – Architektur
- Authors
- Margret Scharrer
- Heiko Laß
- Editor
- Matthias Müller
- Publisher
- Heidelberg University Publishing
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-947732-36-4
- Size
- 19.3 x 26.0 cm
- Pages
- 618
- Keywords
- Kunstgeschichte, Architektur, Oper, art history, architecture, opera
- Category
- Kunst und Kultur