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ZUR EINFÜHRUNG
Heiko Laß
Im Folgenden wird sich dem höfischen Musiktheater als Architektur genähert. Am
Anfang stehen die einleitenden Bemerkungen von Heiko Laß zu den Bauten für das
höfische Musiktheater im 17. und 18. Jahrhundert. Die Bauaufgabe entstand zwar be-
reits im 16. Jahrhundert, fand ihren Höhepunkt aber im 17. und 18. Die Architektur
diente dazu, den Landesherren in Szene zu setzen. Dieser Aspekt war mindestens
genauso wichtig, wie die Inszenierung des Geschehens auf der Bühne. Das höfische
Musiktheater war häufig – aber nicht immer – der höfischen Gesellschaft vorbehalten.
Öffentlich waren anfänglich nur wenige Häuser.
Wie in der Frühen Neuzeit üblich, erfolgte die Verteilung der Menschen im Raum
nach ständischen Prinzipien. Dabei konnte der Stellenwert eines Platzes je nach Ort
und Land verschieden sein, das System stand aber nicht in Frage. Die aufwendig aus-
gestatteten Bauten inszenieren den Landesherrn in Logen – die er aber nur bedingt
nutzte – in Deckengemälden und Skulpturen. Es verwundert daher nicht, dass die
Räumlichkeiten nicht nur für theatrale oder musikalische Aufführungen genutzt wur-
den, sondern auch für zahlreiche andere Feste.
In dieser Entwicklung kann das Teatro Farnese in Parma, wie Paolo Sanvito, darlegt,
als Initialzündung gesehen werden – und zwar nicht nur unter dem Gesichtspunkt der
Architektur. Der Zuschauerraum diente über die Platzierung der Personen überdeutlich
der Domestizierung des Adels. Hans Lange geht dem Ursprung und der Entwicklung
der für das höfische (Musik-) Theater so wichtigen Mittelloge bzw. der Zurschaustel-
lung des Fürsten in einer eigenen Loge auf den Grund. Warum wurde der bevorzugte
Platz vor Bühnen verlassen – denn wirkliche Privatheit boten Logen im hell erleuchte-
ten Zuschauerraum keineswegs.
Selbstverständlich fand das höfische Musiktheater seine bauliche Manifestation
nicht nur in der Residenz. Beispielhaft stehen dafür die Beiträge von Michael Hoch-
muth und Ronald Clark, die sich Architekturen und Aufführungen in Schlössern auf
dem Lande sowie in Gärten widmen. Auch hier handelte es sich um multifunktionale
Räume, die aber in keiner Weise in Anspruch oder Funktionalität hinter jenen in der
Residenz zurückstanden.
Gegen Ende des 18. Jahrhundert wurde dann – ausgehend von Italien, zunehmend
Kritik am barocken Opernhaus laut.1 Die Kritiker wollten Nutzung und Funktion in den
1 Herbert A. Frenzel: Geschichte des Theaters. Daten und Dokumente 1470-1840. München 1979. S.
248.
Versuch über die Architectur, Mahlery und musicalische Opera aus dem Italiänischen des Grafen Aaga-
rotti übersetzt von R. E. Raspe. Cassel 1769, S. 286-298.
Veröffentlicht in: Margret Scharrer, Heiko Laß, Matthias Müller: Musiktheater im höfischen
Raum des frühneuzeitlichen Europa. Heidelberg: Heidelberg University Publishing, 2019.
DOI: https://doi.org/10.17885/heiup.469
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Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
Hof – Oper – Architektur
- Title
- Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
- Subtitle
- Hof – Oper – Architektur
- Authors
- Margret Scharrer
- Heiko Laß
- Editor
- Matthias Müller
- Publisher
- Heidelberg University Publishing
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-947732-36-4
- Size
- 19.3 x 26.0 cm
- Pages
- 618
- Keywords
- Kunstgeschichte, Architektur, Oper, art history, architecture, opera
- Category
- Kunst und Kultur