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Tadeusz Krzeszowiak
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Oper von Paris im Jahre 1785 eingesetzt. Man verwendete sie nicht nur auf der Bühne,
sondern oft auch im Zuschauerraum statt der einfachen Öllampen und Kerzen. In der
Pariser Oper war zum Beispiel die Fußrampe mit 52 Argand-Lampen bestückt. Seitlich
links und rechts hinter den zehn Kulissen existierten weitere 200 solcher Lichtquellen.
Oben hinter jeder der zehn Soffitten brannten zehn bis fünfzehn solcher Lampen, d. h.
150 Stück. Der Kronleuchter im Zuschauerraum enthielt 92 weitere Lichter. Insgesamt
402 Argand-Lampen erhellten die Oper. Der gleiche Lichtstärkeeffekt wäre erst mit
ca. 4.020 Kerzen (402 × 10 = Lichtstärkefaktor gegenüber der Kerze) erreicht worden.
Die Beleuchtung des Berliner Opernhauses funktionierte zu dieser Zeit ebenfalls mit
Argand-Lampen: 72 dieser Lichtquellen existierten an der Fußrampe, hinter jeder der
acht Kulissen brannten links und rechts je 16 Lampen, macht insgesamt 256 Stück, zu-
züglich der 60 Lichter im Kronleuchter des Zuschauerraums. Hier würde man, um die
gleiche Lichtstärke auf der Bühne zu erzielen, 3.280 Kerzen benötigen.6 Das alte Wiener
Burgtheater war noch bis zu seiner Abtragung im Jahre 1888 mit Argand-Lampen im
Zuschauerraum ausgestattet (Abb. 15).
5 Barockes Gesamtkunstwerk
Viele theatrale Inszenierungen des 17.
und 18.
Jahrhundert bewegten sich auf höchsten
künstlerischen und bühnen-technischen Niveau. Als Beispiel sei hier Die Zauberflöte
(UA: 30. Sept. 1791) von Wolfgang Amadeus Mozart erwähnt: »[…] daß er [= Schika-
neder] zu seinen neueinstudierten Stükken keine Kosten spart, und wo es nöthig ist,
neue Dekorationen und Kleider verfertigen lässt. So soll der Aufwand auf die letzte
Mozartsche Oper: Die Zauberflöte – Mozarts Schwanengesang – auf 5.000 fl. betragen
haben, er bekömmt ihn aber auch reichlich wieder heraus, […].«7 Die Fläche des k. k.
Theaters auf der Wieden (später Freihaustheater genannt) betrug 30 Meter in der Länge
und 15 Meter in der Breite. Die Bühne war 12 Meter tief; nachdem die dritte Galerie
1794 aufgesetzt wurde, fasste das Haus beinahe 1.000 Zuschauer. Der dritte und letzte
Prinzipal dieses Theaters, das nur von 1787 bis 1801 existierte, war Emanuel Schika-
neder (1751–1812). Er übernahm die Direktion im Juli 1789 (Abb. 16). Das wichtigste
Ereignis in diesem Hause war zweifelsohne Die Zauberflöte, sie erlebte allein auf dieser
Bühne 268 (!) Wiederholungen.8
Die Musik und der Gesang, aber vor allem die Ausstattung und die Verwandlungen
auf der Bühne mussten einen großen Eindruck auf die damaligen Besucher gemacht ha-
ben. Nach einem Besuch in Oktober 1791 sagte Antonio Salieri (1750–1825): »[…] nicht
6 Krzeszowiak 2006, S. 589.
7 All. Theaterjournal, Frankfurt am Mayn, 1792, 1. Bd., S.
148.
8 Krzeszowiak 2009. Vgl. auch: Seyfried.
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Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
Hof – Oper – Architektur
- Title
- Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
- Subtitle
- Hof – Oper – Architektur
- Authors
- Margret Scharrer
- Heiko Laß
- Editor
- Matthias Müller
- Publisher
- Heidelberg University Publishing
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-947732-36-4
- Size
- 19.3 x 26.0 cm
- Pages
- 618
- Keywords
- Kunstgeschichte, Architektur, Oper, art history, architecture, opera
- Category
- Kunst und Kultur