Page - 68 - in Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern - Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
Image of the Page - 68 -
Text of the Page - 68 -
Römer«,42womit er vermutlich auf die oben zitierte Aussage des Tacitus zu
ArminiussowieweitereNotizeninderantikenLiteraturanspielt.43Dassmandas
um1800auchanderssehenkonnte,belegtBredowselbst,deroffenbar1799noch
nichtvomnationalenPathoserfasstwordenwar.InseinemHandbuchzurAlten
Geschichte schätzteBredowdamalsdieAuswirkungenderNiederlage aufRom
viel geringerunddieSiegedesGermanicusbedeutenderein:
Germanicus hatte denHermann geschlagen, dieGebeine der unterVarus gefallenen
Römerbestattet,undwarbeiSoldatenundBürgernbeliebt.DereifersüchtigeTiberius
berief ihnzurück.44
NichtzuletztderKronzeugeTacitus spricht inseinerWürdigungdesArminius
auchvondessenspäterenNiederlagengegenGermanicusundnachTacitus liegt
dereigentlicheGrundfürdasEndeder römischenGermanienfeldzüge inRom.
DemnachhabeTiberiusdieAbberufungdesGermanicusdamitbegründet,dass
er nun genug Rache geübt habe und die andauernden Verluste der Römer
schrecklich seien.Man solle die Germanen ihren inneren Zwistigkeiten über-
lassen.NachTacitus fügte sichGermanicus, obwohl er »merkte, dassdies alles
nur vorgetäuscht sei und ihm aus Neid der bereits errungene Ruhmwieder
entrissenwerde.«45FürTacitus istArminiusnichtaufgrunddesSieges9n.Chr.
der BefreierGermaniens, sondernwegen seines unermüdlichenWiderstandes
danach, der schließlichvonden Intrigen inRomprofitierte und sovonErfolg
gekröntwar.46
Damit kannals erstes glorifizierendes und folglichmythisches Element der
DarstellungBredows festgehaltenwerden, dassArminiusmit demSieg in der
Varusschlacht denKrieg entschieden haben soll.Wie fest derMythos dieAu-
toren imGriff haben konnte, offenbart Cammerers Text, der auf eine merk-
würdigeWeise dem angeblich entscheidenden Sieg vonArminius noch einen
Sieg der Römer folgen lässt.WennmanCammerersWorte auf dieGoldwaage
legt,habendieDeutschenihreFreiheiteigentlichnichtdemSiegimTeutoburger
Wald,sondernnichtnähererläutertenVerlustenderRömeraufdemRückwegzu
verdanken. In der antiken Literatur werden hierfür eineweitere Schlacht und
eineSturmflut angeführt.47
Als zweites mythisches Element bei Bredow ist die glorifizierende Gleich-
setzung der germanischen Kämpfer in der Varusschlacht mit Deutschen zu
42 GabrielGottfriedBredow,UmständlichereErzählungderwichtigerenBegebenheitenausder
allgemeinenWeltgeschichte. FürdenerstenUnterricht inderGeschichte, besonders fürBür-
ger-undLandschulen,Altona:Hammerich, 2.Auflage1806, 292.
43 Sueton,Augustus23, 2; Florus,Geschichte, 2, 30.
44 GabrielGottfriedBredow,Handbuchder altenGeschichte, Altona:Hammerich, 1799, 577.
45 Tacitus,Annalen2, 26.
46 Vgl.Wolters,Schlacht imTeutoburgerWald, 18.
47 Tacitus,Annalen1, 64–70.
BjörnOnken68
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY
back to the
book Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern - Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag"
Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern
Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
- Title
- Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern
- Subtitle
- Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
- Authors
- Roland Bernhard
- Susanne Grindel
- Felix Hinz
- Editor
- Christoph Kühberger
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-0686-6
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 294
- Category
- Lehrbücher