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in der Behaimerzählung in Schulbüchern »problematische Äußerungen der
historischen Erinnerung«92 erkennen. Die Erzählung stellt einen »deutschen«
Mythosdar,der insofern»schön«ist,als ihmeinearchetypischeErzählstruktur
zugrunde liegt,nachdenenauchMythenverschiedensterLänder,Märchenund
moderneSpielfilmekonstruiertsind.DerBehaimmythos inSchulbüchernzeigt
sich indiesemSinnealsMonomythos.
In diesemBeitragwurde dieMasternarrationumBehaimvonvielen Seiten
betrachtetundalsMythosde-konstruiert.NunstelltsichnocheinmaldieFrage,
welchen Nutzen für historisches Lernen die Beschäftigung mit diesem und
ähnlichenMythen imUnterricht habenkann. InderGeschichtsdidaktik setzte
sich im einundzwanzigsten Jahrhundert dieÜberzeugung durch, dass für das
ErreichendesGlobalzielsvonGeschichtsunterricht,dasinderAnbahnungeines
reflektiertenGeschichtsbewusstseinsbesteht,dieOrientierunganhistorischem
DenkenvonherausragenderBedeutungist.93SchülerinnenundSchüler lebenin
einer zunehmend interkulturellen, pluralen und umfassend vernetztenWelt.
DieshatzurFolge,dasssiesich lebenslangneuorientierenwerdenmüssenund
ihrganzesLeben lang»lernen«werden.Deshalb ist ausgeschichtsdidaktischer
Perspektivenicht das »Zur-Verfügung-StellenvonWissen«diewichtigsteAuf-
gabe des Geschichtsunterrichts. Es geht vielmehr um die Förderung der Fä-
higkeit mit historischer Information umzugehen und dementsprechend um
aktives, strukturierendes Verfügen-können über historischesWissen und das
begründete Auswählen und Beurteilen.94 Die eigentliche Herausforderung in
einerZeit, inderGeschichteallgegenwärtigistundeinGroßteildeshistorischen
Wissensunstrukturiertundungeprüft imInternetabrufbarist,bestehtdarinzu
lernen,mitGeschichtskulturumzugehen.
DerBeitrag,derdurchdieBeschäftigungmitMythengeleistetwerdenkann,
ist es, domänenspezifischeMethodenkompetenzen aufzubauen, die in der Fä-
higkeit besteht,Antworten auf historische FragendurchDe- undRekonstruk-
tionzuerarbeiten.AuchdasSchulbuchalsManifestationvonGeschichtskultur
und die dort vorgelegten Interpretationen und Deutungen sollten in diesem
Zusammenhang von Schülern und Schülerinnen geprüft werden können95.
AnhandvonGeschichtsmyhtenkönnen,wieobenangedeutet,dieFunktionund
92 Ebd.
93 Vgl. dazuChristophKühberger,KompetenzorientierteshistorischesundpolitischesLernen.
Methodische und didaktische Annäherungen für Geschichte, Sozialkunde und Politische
Bildung, Innsbruck: Studienverlag, 2. korrigierteAuflage2009.
94 Schreiber,Analyse, 52.
95 SylviaMebus, »Wiewahr ist Geschichte imLehrbuch? ZurDe-KonstruktionvonDarstel-
lungen in Geschichtslehrbüchern als Aufgabe des Geschichtsunterrichts«, in: Waltraud
Schreiber und SylviaMebus (Hg.),Durchblicken. Dekonstruktion von Schulbüchern,Neu-
ried: arsuna, 2.überarbeiteteundaktualisierteAuflage2006, 36–43, 37.
RolandBernhard110
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Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern
Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
- Title
- Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern
- Subtitle
- Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
- Authors
- Roland Bernhard
- Susanne Grindel
- Felix Hinz
- Editor
- Christoph Kühberger
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-0686-6
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 294
- Category
- Lehrbücher