Page - 118 - in Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern - Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
Image of the Page - 118 -
Text of the Page - 118 -
brocheneWirksamkeitdesKolonialmythos liefertedereinflussreichebritische
HistorikerNiall Fergusonmit seinem2011erschienenenBuchDerWestenund
derRestderWelt4,dasnichtnurimpostkolonialverunsichertenGroßbritannien
aufgroßeResonanzstieß.DerUntertitelseinesfrüherenBuchs»Empire«bringt
diesePositionaufdieKurzformel»HowBritainmadethemodernWorld.«5Das
britische Empire war demnachMotor einer beispiellosen Mobilisierung von
Menschen,MärktenundWissen,derenZivilisationsleistungdieSchattenseiten
beiweitemübertraf.FergusonzeichnetdasEmpirealsdynamischenMotorvon
Veränderungen,dieaußereuropäischeWeltdagegenalsstatisch,zeitlosundder
InterventiondurchEuropäerInnenbedürftig.6Sowohl der französische Staats-
präsidentalsauchderbritischeHistorikerbedienensicheinerdichotomischen
Argumentation, die die europäischenKolonialmächte als dieÜberbringer von
Fortschritt und Moderne auffasst und die Kolonien lediglich als Empfänger
dieser Impulse und Errungenschaften darstellt. Sie greifen damit auf Afrika-
vorstellungenzurück, diedenKontinent als geschichtslosund rückständigbe-
schreiben.
Im Zuge der kolonialen Eroberungen hatten AfrikawissenschaftlerInnen
europäischesWissenumdasvorkolonialeAfrikaumgedeutetundeinnegatives
Bild afrikanischer Geschichte und Gesellschaft etabliert, in dem kulturelle
Leistungennegiert oder technischundkulturell vermeintlichüberlegenen zu-
gewanderten Kulturvölkern zugeschrieben wurden. Prosperierende Städte,
mächtige Königreiche, militärisch straff organisierte und auf der Feudalwirt-
schaft basierendeHerrschaftsformen, die sich teilweise der Schrift bedienten
undüberweit entwickelteVerfahrenderMetallverarbeitungverfügten,passten
sur l’histoireafricaine/ l’usagedupr8sidentSarkozy, Paris:D8couverte, 2009,343–355.Hier
auchdiekritischeReaktionderafrikanischenGeschichtswissenschaftenaufdieRede.Ferner:
Jean-Pierre Chr8tien (Hg.),L’Afrique de Sarkozy. Undeni d’histoire, Paris: Karthala, 2008;
MakhilyGassamaundZohraBouchentouf-Siagh(Hg.),L’Afriquer8pond/Sarkozy.Contre le
discoursdeDakar,Paris:P.Rey,2008.ÜbersetzungausgewählterBeiträgesowiederRedevon
Nicolas Sarkozy bei: Peter Cichon, Reinhart Hosch und Fritz Peter Kirsch (Hg.):Der un-
dankbare Kontinent? Afrikanische Antworten auf europäische Bevormundung, Hamburg:
Argument-Verl. 2010, 37–56; Besprechungdes Bandes:HenrietteHankeGüttinger, »Afrika
weist den französischen Imperialismus zurück.Afrika antwortet Sarkozy–GegendieRede
vonDakar«,in:Zeit-Fragen,Nr. 31,2.August2011.http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=
336&no_cache=1&sword_list[]=g%C3%BCttinger, zuletzt geprüft am25.November 2016.
4 NiallFerguson,DerWestenundderRestderWelt.DieGeschichtevomWettstreitderKulturen,
Berlin: Propyläen, 2011;Original: ders.,Civilization. Thewest and the rest, London: Lane,
2011.
5 Niall Fergusson,Empire.HowBritainmade themodernworld, London:Lane, 2003.
6 KritikbeiJonWilson,»NiallFerguson’simperialpassion«,in:HistoryWorkshopJournal,56,1
(2003),175–183;JörnLeonhardundUlrikevonHirschhausen,»NewImperialismoderLiberal
Empire?Niall FergusonsEmpire-Apologetik imZeichenderAnglobalization«, in:Zeithisto-
rischeForschungen3 1 (2006),Online-Ausgabe, http://www.zeithistorische-forschungen.de/
1-2006/id=4525, zuletzt geprüft am1.September2016.
SusanneGrindel118
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY
back to the
book Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern - Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag"
Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern
Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
- Title
- Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern
- Subtitle
- Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
- Authors
- Roland Bernhard
- Susanne Grindel
- Felix Hinz
- Editor
- Christoph Kühberger
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-0686-6
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 294
- Category
- Lehrbücher