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erlauben sollte, den Ursprung der Sprache selbst als Machtäusserung der
Herrschenden zu fassen: sie sagen »das ist das und das«, sie siegeln jegliches
Ding und Geschehen mit einem Laute ab und nehmen es dadurch gleichsam
in Besitz.) Es liegt an diesem Ursprunge, dass das Wort »gut« sich von
vornherein durchaus nicht nothwendig an »unegoistische« Handlungen
anknüpft: wie es der Aberglaube jener Moralgenealogen ist. Vielmehr
geschieht es erst bei einem Niedergange aristokratischer Werthurtheile, dass
sich dieser ganze Gegensatz »egoistisch« »unegoistisch« dem menschlichen
Gewissen mehr und mehr aufdrängt, – es ist, um mich meiner Sprache zu
bedienen, der Heerdeninstinkt, der mit ihm endlich zu Worte (auch
zu Worten) kommt. Und auch dann dauert es noch lange, bis dieser Instinkt in
dem Maasse Herr wird, dass die moralische Werthschätzung bei jenem
Gegensatze geradezu hängen und stecken bleibt (wie dies zum Beispiel im
gegenwärtigen Europa der Fall ist: heute herrscht das Vorurtheil, welches
»moralisch«, »unegoistisch«, »désintéressé« als gleichwerthige Begriffe
nimmt, bereits mit der Gewalt einer »fixen Idee« und Kopfkrankheit).
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Zur Genealogie der Moral
- Title
- Zur Genealogie der Moral
- Author
- Friedrich Wilhelm Nietzsche
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.0 cm
- Pages
- 148
- Category
- Geisteswissenschaften