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Welt ist Mirabeau, welcher kein Gedächtniss für Insulte und
Niederträchtigkeiten hatte, die man an ihm begieng, und der nur deshalb nicht
vergeben konnte, weil er – vergass). Ein solcher Mensch schüttelt eben viel
Gewürm mit Einem Ruck von sich, das sich bei Anderen eingräbt; hier allein
ist auch das möglich, gesetzt, dass es überhaupt auf Erden möglich ist – die
eigentliche »Liebe zu seinen Feinden«. Wie viel Ehrfurcht vor seinen Feinden
hat schon ein vornehmer Mensch! – und eine solche Ehrfurcht ist schon eine
Brücke zur Liebe… Er verlangt ja seinen Feind für sich, als seine
Auszeichnung, er hält ja keinen andren Feind aus, als einen solchen, an dem
Nichts zu verachten und sehr Viel zu ehren ist! Dagegen stelle man sich »den
Feind« vor, wie ihn der Mensch des Ressentiment concipirt – und hier gerade
ist seine That, seine Schöpfung: er hat »den bösen Feind« concipirt, »den
Bösen«, und zwar als Grundbegriff, von dem aus er sich als Nachbild und
Gegenstück nun auch noch einen »Guten« ausdenkt – sich selbst!…
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Zur Genealogie der Moral
- Title
- Zur Genealogie der Moral
- Author
- Friedrich Wilhelm Nietzsche
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.0 cm
- Pages
- 148
- Category
- Geisteswissenschaften