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Vor 1918
Österreichische Bürgerkunde
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111. Die Staatstheorien. 25 lediglich als eine durch die natürliche oder wirtschaftliche Ungleichheit ermöghchte tatsächliche Herrschaft des Starken über den Schwachen erklärt. Unter den ver- schiedenen Abarten dieser Theorien hat in neuerer Zeit insbesondere die von den, sozialistischen SchriftstellernH. K.M a r xundFriedrichEngelsbegründete materialistische Geschichtsauffassung als die Staatstheorie der Sozialdemokratie Bedeutung erlangt. Darnach bestimmt die jeweilige Ordnung des ökonomischen Produktionsprozesses den Aufbau der Gesellschaft und dieser hinwieder den Staat. Der Staat sei daher in allen mustergültigen Perioden aus- nahmslos der Staat der herrschenden Klasse und als solcher wesentlich eine Orga- nisation zur Niederhaltüng der unterdrückten und ausgebeuteten Klasse^). Nur eine Abart dieser Auffassung ist die sogenannte soziologische Staats- theorie, welche die Staaten auf Organisationen von erobernden Völkern oder Stämmen zur Unterdrückung und Ausbeutung der Ureinwohner des eroberten Gebietes zurückführen will^). Die Machttheorie findet ihre Stütze darin, daß viele Staaten durch Kriege geschaffen worden sind und kein Staat sich ohne die Macht behaupten kann, deren er zur Erfüllung seiner Aufgaben bedarf. Allein sie vermag den Staat nicht sittlich zu rechtfertigen, nicht zu erklären, warum seine Ziele als erstrebenswert, seine Anordnungen als verbindlich anerkannt werden. Beruht der Staat lediglich auf Gewalt, warum sollte dann nicht Gewalt der Gewalt begegnen dürfen, um ihn. umzustürzen oder zu vernichten?^) Nicht eine historische Erklärung, sondern eine vernunftgemäße Rechtfertigung des Staates bezweckt die Vertragstheorie. Unter allen Staatstheorien der neueren Zeit hat sie die weitestgehenden politischen Folgen gehabt. Anklänge an den ihr eigenen Gedanken, daß der Staat aus einer freiwilligen Vereinigung hervor- gegangen sei, zu der die Menschen sich zusammengeschlossen hätten, um sich vor Schaden und Unrecht zu bewahren, lassen sich ja weit zurückverfolgen. Ähnliches, haben schon im Altertum die Sophisten und die Epikuräer gelelirt. Im Mittelalter wird die Begründung, wenn auch nicht des Staates, so doch der Fürstengewalt durch Übertragung seitens des Volkes erklärt und dies mit Belegstellen aus dem Corpus juris, späterhin auch aus dem AltenTestamente beglaubigt. Die Natm- rechtsschule hat diesen Gedanken aufgenommen und vertieft; nicht nur die Herrschergewalt, den Staat selbst leitet sie aus einem Vertrage ab, dessen Inhalt für die Staatsverfassung und für das Verhältnis zwischen Staat und Individuum maßgebend sei. In den Kämpfen um die Ausbildung und dann wieder um die Einschränkung der absoluten Fürstengewalt bedienen sich beide Teile dieser Argumentation; sie beherrscht bis in das 19. Jalu-hundert hinein das pohtische Denken. *) Vergl. Th. G.M a s a r y k, Die philosophischen und soziologischen Grundlagen des Marxis- mus,Wien, 1899.— ^) Vergl, F. p p enh e im e r, Der Staat,Frankfurt, 1907,— ^)Die Überflüssig- keit, ja Schädlichkeit jeglicher obrigkeitlicher Gewalt, mithin auch des Staates, wird von denan- archistischen Schriftstellernbehauptet.AlsAnarchismuswirddie vonihnen angestrebte Gesell- schaftsorganisation bezeichnet, welcheden Individuen in jeder Hinsicht freie Selbstbestimmungläßt und obrigkeitlichen Zwang grundsätzlich ausschließt. Die anarchistischen Lehren treten in der Regel in Verbindung mit phantastischen Zukunftsplänen auf, zu deren Verwirklichung von den extremsten Vertretern dieser Richtung eine „Propaganda der Tat" in der Form verbrecherischer Anschläge versucht wurde. Als die -wichtigsten Theoretiker des Anarchismus-
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Österreichische Bürgerkunde
Title
Österreichische Bürgerkunde
Author
Heinrich Rauchberg
Publisher
Verlag von F. Tempsky
Location
Wien
Date
1911
Language
German
License
PD
Size
16.4 x 24.0 cm
Pages
278
Categories
Geschichte Vor 1918
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