Page - 41 - in Österreichische Bürgerkunde
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Zweiter Teil.
Geschichtliche Einleitung.
VIII. Die Ausbildung des Gebiets.
Die ursächliche Verkettung aller Ereignisse bringt es mit sich, daß in der
Verfassung und in dem politischen Leben der Staaten die Kräfte nachwirken,
denen sie ihre Entstehung verdanken. Daher muß man, um die Gegenwart zu
verstehen, die Vergangenheit kennen. Es ist nicht Aufgabe der Bürgerkunde, die
Entstehungsgeschichte der österreichisch-ungarischen Monarchie darzustellen^).
Wir müssen uns hier darauf beschränken, jene Punkte herauszuheben, die für
das Verständnis der Verfassung der Gliedstaaten sowie der Gesamtmonarchie
unerläßlich sind: die Ausbildung ihres Gebietes, der Staatsgewalt und der Ver-
fassung. In diesem Kapitel ist die Ausbildung des Gebietes darzustellen.
Aus der von Karl dem Großen begründeten und von den Ottonen erneuten
Ostmark (Ostai-richi) istÖsterreich hervorgegangen. Sie bildet denMittelpunkt,
an den sich alle späteren Erwerbungen nicht nur räumlich, sondern auch politisch
anschließen. Im Jahre 976 gelangt die Markgrafschaft an die Babenberger, 1156
wird sie zum erblichen Herzogtume erhoben; die Steiermark kommt 1192
dazu. 1246 erlischt mit Friedrich dem Streitbaren der Mannesstamm der Baben-
berger und es beginnt das sogenannte Zwischenreich. Es wird dadurch beendet,
daß KönigRudoKvonHabsburgnachOttokarIL NiederlageundTodim Jahre 1282
seine Söhne iVlbrecht und Rudolf mit Österreich, Steiermark, Krain und der
WindischenMarkbelehnt.Im 14. Jahrhunderterwerben dieHabsburgerKärnten
undK r a in (1335), Tirol (1363), einen Teil I s t r i en s (1374), endlichT r i e s t
samt Gebiet (1382). 1500 fallen Görz, Gradiska und das Pustertal an das
Haus Habsburg. Dm-ch verschiedene Verträge ist endlich stückweise der Hauptteil
des heutigen Vorarlberg erworben worden.
Das für die zukünftige Machtstellung der habsburgischen Monarchie ent-
scheidende Ereignis ist die Erwerbung der Länder der böhmischen
und der ungarischen Krone (1526). Schon Rudolf IV. hatte den
Gedanken gefaßt und durch einen habsburgisch-luxemburgischen Erbvertrag
in die Wege geleitet. Aber erst die diu-ch den Wiener Vertrag von 1515 vereinbarte
Verehelichung Ferdinands I. mit Anna, der Schwester des letzten Königs von
Böhmen und Ungarn ausdem Hause der Jagellonen, Ludwig IL, verwirklichte ihn.
Nachdem Ludwig IL auf dem Schlachtfelde bei Mohacs den Tod gefunden hatte,
1) Vergl. A. Luschin von Ebengreuth, Österreichische Reichsgeschichte 1896 und
Grundriß der österreichischen Reichsgeschichte 1899; A.Hub e r, Österreichische Reichsgeschichte,
2. Auflage, besorgt von Dopsch 1901 ; Ad. Bachmann, Österreichische Reichsgeschichte,
2. Auflage, 1907. Das Hauptwerk über österreichische Geschichte ist Alfons Hubers
Geschichte Österreichs. 5 Bände, 1885—1896 (reicht bis zum Westfälischen Frieden). Eine kürzere
und bis zur Gegenwart reichende Darstellung enthält die ,,Geschichte Österreichs mit besonderer
Rücksichtaufdas Kulturleben" vonF.M.Mayer. 2Bände, 3. Auflage, 1909. Vergl. auchFranz
K r n e s, Grundriß der österreichischen Geschichte, 1882.
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Österreichische Bürgerkunde
- Title
- Österreichische Bürgerkunde
- Author
- Heinrich Rauchberg
- Publisher
- Verlag von F. Tempsky
- Location
- Wien
- Date
- 1911
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.4 x 24.0 cm
- Pages
- 278
- Categories
- Geschichte Vor 1918