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Vor 1918
Österreichische Bürgerkunde
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Page - 94 - in Österreichische Bürgerkunde

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94 XVIII. Der österreichische Reichsrat. Zur Entscheidung über die AnklageistderStaatsgerichtshof berufen, in welchen jedes der beiden Häuser je 12 unabhängige und gesetzeskundige Staats- bürger, welche keinem der beiden Häuser des Reichsrates angehören dürfen, auf die Dauer von 6 Jahren entsendet. Das Verfahren ist das durch die allge- meine Strafprozeßordnung vorgezeichnete. Die gesetzliche Folge der Verurteilung ist die Entfernung aus dem Rate der Krone; als Erschwerung sind Entlassung aus dem Staatsdienste und zeitlicher Verlust der politischen Rechte vorgesehen, Ist das allgemeine Strafgesetz verletzt, so kommen außerdem seine Strafbestim- mungen zur Anwendung. Im sogenannten Adhäsionsverfahrenkann auch derErsatz des durch die rechtswidiige Amtsführung dem Staate oder diitten Personen zu- gefügten Schadens auferlegt werden. Begnadigung ist nur auf Antrag des Hauses zulässig, das die Anklage erhoben hat. 3. Zusammensetzung und Organisation des österrei- chischen Reichsrate s^). Der österreichische Reichsrat beruht auf dem Zweil<;ammersystem. Er bestellt aus dem Herrenhause und dem Abgeordnetenhauses). Mitglieder des Herrenhauses sind die großjährigen Prinzen des kaiser- lichen Hauses, die großjährigen Häupter mländischer, durch Grundbesitz hervor- ragender Adelsgeschlechter, denen der Kaiser die erbliche Reichsratswürde verliehen hat, die Erzbischöfe und Bischöfe von fürstlichem Rang, endlich Männer, die vom Kaiser im Hinblicke auf ihre Verdienste um Staat oder Kirche, Wissenschaft oder ^) Zur Ergänzung der nachfolgenden Ausführungen über den österreichischen Reichsrat werden hier einige Bemerkungen über den ungarischen Reichstag eingeschaltet. Durch die Gesetzgebung des Jahres 1848 ist der Landtag der ungarischen Stände in eine moderne zweikammerige Vollisvertretung umgebildet und im Hinblicke auf die beabsichtigte Einbeziehung von Siebenbürgenund Kroatien-SlawonienalsungarischerReichstag bezeichnetworden. Der ungarische Reichstag besteht aus dem Magnatenhause und dem Abgeordnetenhause. DieMit- gliedschaftimMagnatenhause wird durch Geburt, kraftgewisserWürden inÄmtern, endlich durch königlicheBerufung erworben; die Gesamtzahl der ernanntenMitglieder darf 50 nicht übersteigen; jährlich dürfen nicht mehr als 5 Personen zu Mitgliedern des Magnatenhauses ernannt werden. Auch drei Mitglieder des kroatisch-slawonischenLandtageshaben Sitz und Stimmeimungarischen Magnatenhause. Das Abgeordnetenhaus besteht aus 413 in ungarischen Wahlbezirken gewählten Abgeordneten; dazu kommen in Angelegenheiten, die Kroatien-Slawonien mitbetreffen, 40 Dele- gierte des kroatisch-slawonischen Landtages. Fünfjährige Wahlperioden. Das aktive Wahlrecht ist durch die Forderungen eines Steuer- oder Intelligenzzensus, von Haus- oder Grundbesitz auf einen verhältnismäßig engen Kreis beschränkt. In Ungarn treffen durchschnittlich 2757 Wähler, in Österreich 10.710Wähler auf einMandat. Auch bestehen strenge Inkompabilitätsbestimmungen, um die unabhängige Ausübung der Mandate zu sichern und deren Mißbrauch zu verhindern. In nationalerHinsicht ergibt sich eine Einschränkung aus der Bestimmung des ungarischen Nationali- tätengesetzes von 1868, daß die Sprache der ungarischen Gesetzgebung ausschließlich die magya- rische ist; nur wer dieser Bestimmung zu entsprechen vermag, kann Mitglied des ungarischen Reichstages sein ; nur zugunsten der Delegierten des kroatisch-slawonischen Landtages wird eine Ausnahme gemacht. Durch die Ordnung des Wahlrechtes werden die vermöge des Grundbesitzes aufdem Landeund zumeistauch inden Städten vorherrschendenMagyaren begünstigt, die übrigen (vom ungarischen politischen Sprachgebrauch als ,,Nationalitäten" bezeichneten) Volksstämme zurückgedrängt, so daß deren Vertretung im Reichstage weit hinter dem Zahlenverhältnisse in der gesamten Bevölkerung zurückbleibt. — *) Vergl. M. Kulisch, Beiträge zum öster- reichischen Parlamentsrechte. Leipzig 1900.
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Österreichische Bürgerkunde
Title
Österreichische Bürgerkunde
Author
Heinrich Rauchberg
Publisher
Verlag von F. Tempsky
Location
Wien
Date
1911
Language
German
License
PD
Size
16.4 x 24.0 cm
Pages
278
Categories
Geschichte Vor 1918
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