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Vor 1918
Österreichische Bürgerkunde
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Page - 97 - in Österreichische Bürgerkunde

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XVIII. Der österreichische Reichsrat. 97 Stimmungen niemals, wegen der in diesem Berufe gemachten Äußerungen nur von dem Hause, dem sie angehören, zur Verantwortung gezogen werden. Das ist die sogenannte berufliche Immunität; an sie denkt man, wenn man von Redefreiheit spricht. Auch darf kein Mitglied des Reichsrates während der Dauer der Session— Ergreifung auf frischer Tat ausgenommen — ohne Zustimmung seines Hauses verhaftet oder gerichtlich verfolgt werden (außerberufliehe Immunität). Die Immu- nität bedeutet keinen Freibrief zu Rechtsverletzungen, sondern soU nur die un- gestörte Erfüllung der parlamentarischen Obliegenheiten sichern. 5. Die Wahlordnung. Die Mitgheder des Abgeordnetenhauses werden durch AVahl bestellt. Das Wahl- recht besteht in dem Ansprüche auf Stimmabgabe, um dadurch der staatsbürger- lichen Überzeugung Ausdruck zu geben, in der Regel im Anschlüsse an die eine oder andere Parteirichtung. Es bildet zugleich eine staatsbürgerliche PfHcht. Diese zunächst nur moralische Pflicht in eine rechtliche umzuwandeln und ihre Erfüllung durch Strafandrohungen zu sichern, hat die Reichsratswahlordnungvom 26. Jänner 1907 der Landesgesetzgebung überlassen. Bisher ist die Pflicht vor der Wahl- kommission zu erscheinenundden Stimmzettel(wenn auch leer, geheime Wahl!) ab- zugeben in Mederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Vorarlberg, Mähren und Schlesien eingeführt worden. Die allgemeinen Gesichtspunkte zur Beurteilung des parlamentarischen Wahl- rechtes sind bereits im XVII. Kapitel unter 5 angedeutet worden. Hier er- übrigt noch, die geschichtliche Entwickelung und die gegenwärtige Ordnung des österreichischen ReichsratsWahlrechtes zu besprechen. Es zeigt eine fortschreitende Entwickelung in demokratischer Richtung: von einer an die ständische Ghederung sich anlehnenden Interessenvertretung zum allge- meinen gleichenunddh'ektenWahhechte. DieseEntwickelung ist bedingt durch die Umbildung der Volkswirtschaft und der darauf beruhenden gesellschaftlichen Schichtung in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jalirhunderts : durch den Über- gang Österreichs vom Agrar- zum Industriestaate, durch das Entstehen starker Kapitals- und Arbeiterinteressen, durch die gesteigerte geistige und räumüche Beweglichkeit der Bevölkerung, durch den ausgleichenden Einfluß der Volksschule, höherer Volksbildung, allgemeiner Wehr- und SteuerpfHcht. Dadurch sind die Leistungen weiter Schichten für den Staat und die Gemeinde, zugleich aber auch ihre durch Gesetzgebung und Verwaltung zu verwirklichenden Anforderungen vermehrt und gesteigert worden. Ihrem Verlangen nach größerem politischen Ein- flüsse durch dü-ekte GestaltungunddurchErweiterungdesWahhechteshatdie öster- reichische Gesetzgebung für den Reichsrat schrittweise, schUeßlich aber doch vollständigentsprochen. DieUmbildungdesLandtagswahhechtesfolgtzögerndnach, während das Gemeindewahhecht von der Reformbewegung bisher nur wenig berührt worden ist. Bis zum Jahre 1873wurden die Reichsratsabgeordnetenvon denLandtagen aus ihrer Mitte gewählt, wobei die einzelnen Kurien der in den Landtagen vertretenen Interessen nach einem bestimmten Schlüssel zu berücksichtigen waren. Direkte Wahlenwarennur inAusnahmsfällenvorgesehen,wenn dieLandtage dieBeschickung des Reichsrates etwa verweigerten. Hievon abgesehen, bestand das Abgeordneten- Rauchberg, Bürgerkunde. 7
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Österreichische Bürgerkunde
Title
Österreichische Bürgerkunde
Author
Heinrich Rauchberg
Publisher
Verlag von F. Tempsky
Location
Wien
Date
1911
Language
German
License
PD
Size
16.4 x 24.0 cm
Pages
278
Categories
Geschichte Vor 1918
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