Page - 114 - in Österreichische Bürgerkunde
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114 XX. Behördenorganisation und öffentlicher Dienst.
derrichterlichenBeamten ist diese Verantwortlichkeit gesetzlich so geregeltworden,
daß sie im KJagewege geltend gemacht werden kann.
Andererseits stehen dem Staatsdiener aus dem Dienstverhältnisse Rechte zu:
durch die Dienstbezüge wird ihm ein standesgemäßes Auskommen ermöglicht:
während der aktiven Dienstleistung durchGehaltund dieAktivitätszulage, der eine
nach Rangsklassen, der andere außerdem auch nach der Ortsgröße abgestuft; dann
durch Ruhegehalt, Witwenpension und Erziehungsbeiträge für die Waisen. Dazu
Ehrenrechte und sonstige Vorrechte(Geraeindewahbrecht, Befreiung von Gemeinde-
umlagen usw.); sie sind gerechtfertigt in den mit persönlicherHingabe geleisteten
Diensten des Beamten für die Gesamtheit. Wie alle andern Ehren sind auch diese
nur Folge und Anzeichen der auf Tüchtigkeit und Gemeinnützigkeit beruhenden
gesellschaftlichen Wertschätzung. Beim Beamten werden diese Voraussetzungen
als gegeben angesehen.
Begründet wird das Staatsdienstverhältnis durch die Anstellung. Bei
den eigentlichen Staatsbeamten ist sie ein Hoheitsakt des Staates, dessen Wirk-
samkeit allerdings von der Zustimmung des Betroffenen abhängt. Es gibt aber
auch eineganzeReüievonAnstellungen, dieaufprivatrechtlichenVerträgenberuhen,
so z. B. die derStaatseisenbahnbeamten, beiderPostsparkasse usw. Die öffentlichen
Ämter sind staatsgrundgesetzlich für alle Staatsbürger gleich zugänglich ; es besteht
jedoch kein Anspruch auf Anstellung^). Der Eintritt in den Staatsdienst ist durch
das Zutreffen gewisser allgemeiner Voraussetzungen (Staatsbürgerschaft, ün-
bescholtenheit, Maximalalter usw.) und der besonderen Anforderungen für die zu
besetzende Dienststelle (Prüfungen, Pj^obepraxis usw.) bedingt. Beendet wird das
Staatsdienstverhältnis durch Austritt, Dienstesentlassung, die aber nur im Dis-
ziplinarwege oder als gesetzliche Folge strafgerichtlicher Verurteilung eintritt, bei
vertragsmäßig Angestellten auch durch Kündigung.
Diese Grundzüge des Beamtenrechtes kehren mit gewissen Abweichungen in
den verschiedenenZweigendes Staatsdiensteswieder ;imMilitärdienstesinddieselben
bedingt durch die Rücksicht auf die schärfer ausgebildete militärische Disziplin^),
im richterlichen Dienste^) durch die Sicherung unabhängiger Rechtsprechung, bei
den Ministern durch ihre besondere Verantwortlichkeit^). Ähnliche Grundzüge
beherrschen auch den gemeinsamen Staatsdienst und die dienstliche Stellung der
Berufsbeamten der Selbstverwaltung.
Anders ist die Stellung der Personen, die — in der Regel dufch Wahl—
ehrenamtlich zur Teilnahme an der Selbstverwaltung, für manche besondere
Aufgaben auch an der Staatsverwaltung berufen werden. Ihre Verwendung ist
zeitlich beschränkt, sie entzieht sie nicht ihrem sonstigen Beruf oder Erwerb; daher
die grundsätzliche Unentgeltlichkeit des Ehrenamtes, die jedoch gewisse Ver-
gütungen nicht ausschließt, häufig auch die Verpflichtung zur Übernahme des
Amtes^), endlich die minder strenge Sicherung der damit verbundenen Pflichten.
^) Ausgenommen Unteroffiziere mit längerer Dienstzeit (Zertifikatisten, Militäranwärter).
Um nämlich eine genügende Anzahlvon Unteroffizieren zum Fortdienen zu bewegen; auch ist die
Auswahl bei manchen Anstellungen durch Vorschlagsrechte eingeschränkt.— ') Vergl. S; 170. —
») Vergl. S. 143 ff.— *) Vergl. S. 93 f. — '') So kann z. B. dieWahl in die Gemeindever-
tretung oder die Berufung in die Kommissionen zur Veranlagung der Erwerb- und der Personal-
einkommensteuer nur unter gewissen Voraussetzungen abgelehnt werden.
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book Österreichische Bürgerkunde"
Österreichische Bürgerkunde
- Title
- Österreichische Bürgerkunde
- Author
- Heinrich Rauchberg
- Publisher
- Verlag von F. Tempsky
- Location
- Wien
- Date
- 1911
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.4 x 24.0 cm
- Pages
- 278
- Categories
- Geschichte Vor 1918