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Vor 1918
Österreichische Bürgerkunde
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122 XXIII. Die Staatsbürgerschaft. den Abstand zwischen dem Gebildeten und dem Ungebildeten, dem Reichen und dem Armen erweitert, desto wichtiger wird ihre Befolgung für das Wohl der Ge- samtheit. Sind es die Unterschiede der Bildung und des Besitzes, die den Menschen vom Menschen trennen, so sind wir verpflichtet, die uns anvertrauten geistigen und materiellen Güter nicht nur zum eigenen Genüsse, sondern auch zum Wohle unserer Mitbürgerund damit auchder Gesamtheit zu verwenden. Nebenden staats- bürgerlichen Pflichten gibt es die gesellschaftlichen Pflichten des Besitzes und der Bildung. Die Ehre und das Ansehen, die dem gebildeten und wohlhabendenManne willig entgegengebracht werden, genießt er gleichsam nur auf Kredit. Er hat sie dadurch zu rechtfertigen, daß er sich und sein Vermögen in den Dienst der Ge- samtheit stellt. Den staatsbürgerlichen Pflichten stehen Rechte gegenüber: 1. Aus der Stellung des Staatsbürgers als Mitglied des Staatsverbandes ergibt sich derAnspruch auf Aufenthalt im Staatsgebiete und auf die durch das Recht geregelte Tätigkeit der Staatsorgane, also auf die Leistungen der Gerichte und Verwaltungsbehörden, sowie auf die Benützung der öffentlichen Anstalten, Unter diesen Gesichtspunkt fällt auch der Schutz, den der Staat seinen Angehörigen im Auslande angedeihen läßt. Das sind die Gegenleistungen des Staates für die Opfer, die er den Untertanen auferlegt: hier zeigt sich die positive Seite der Staatsbürgerschaft. 2. Die aktive Seite der Staatsbürgerschaft besteht in den politischen Rechten im engeren Sinne in der Teilnahme an der Willensbildung des Staates und der Selbstverwaltungs- körper in der Form des passiven und aktiven Wahlrechtes. 3. Endlich ist den Staatsbürgern durch die alsbald zu besprechenden „Grundrechte" eine freiheit- liche Stellung dem Staate gegenüber gewährleistet, woraus sich gewisse Schranken für seine Gewalt ergeben,i) Erst nachdem die ständische Gliederung der Gesellschaft beseitigt war, konnte der staatsbürgerliche Gedanke sich durchsetzen. So kommt es, daß die Staats- bürgerschaft in Österreich erst durch das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch vom 1. Juni 1811 geregelt worden ist. Sie bezog sich auf das jeweilige Geltungsgebiet dieses Gesetzbuches, 1849—1861 mithin auch auf Ungarn. Durch den Artikel 1 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger wird der Bestand eines allgemeinen österreichischen Staatsbürgerrechtes für alle Ange- hörigen der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder ausgesprochen.2) Die frühere ständische Landeszugehörigkeit ist gegenstandslos geworden ; der Ein- heitlichkeit des Staates entspricht die Einheitlichkeit der Staatsbürgerschaft. Sie ist die Voraussetzung für die durch das Heimatsrecht ausgedrückte Angehörig- keit zur Gemeinde ; nur österreichischen Staatsangehörigen kann das Heimatsrecht in einer österreichischen Gemeinde verliehen werden. Anderseits ist die Aufnahme in den österreichischen Staatsverband durch die Zusicherung oder Ersitzung des Heimatsrechtes bedingt. Ebenso wie das Heimatsrecht schließt auch die Staats- bürgerschaft mehrfache Zugehörigkeit aus. Es entspricht den in der Staatsbürger- *) Vergl. unten S. 124.— ^) Für die Länder der ungarischen Krone gilt die einheitliche ungarische Staatsbürgerschaft. Alle ungarischen Staatsbürger bilden ohne Unterschied der Nationalität (im Kultursinne) die ungarische Staatsnation. Erwerb und Verlust der ungarischen Staatsbürgerschaft ist durch den Geseztartikel 50 vom Jahre 1879 geregelt. Für Bosnien und die Herzegowina ist durch das Landesstatut von 1910 eine besondere Landesange- hörigkeit eingerichtet worden.
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Österreichische Bürgerkunde
Title
Österreichische Bürgerkunde
Author
Heinrich Rauchberg
Publisher
Verlag von F. Tempsky
Location
Wien
Date
1911
Language
German
License
PD
Size
16.4 x 24.0 cm
Pages
278
Categories
Geschichte Vor 1918
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