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Vor 1918
Österreichische Bürgerkunde
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142 XXXII. Die Gesetzgebung. Es entspricht den konstitutionellen Grundsätzen und wird auch durch die österreichische Verfassung anerkannt, daß Verordnungen nur auf Grund der Gesetze erlassen werden können. Ihrem Inhalte nach werden die Verordnungen inRechts-undVerwaltungsverordnungen eingeteilt. Die ersteren stellen Rechtssätze auf; sie sind also Gesetze im materiellen Sinne, indem sie die Rechtsvorschriften des Gesetzes ergänzen ; die Befugnis dazu wird in den betreffen- den Gesetzen der Regierung verliehen. Die Verwaltungsverordnungen beschränken sich auf die Vorschriften, die zu der Durchführung der Behördenorganisation und zum sachgemäßen Vollzuge der gesetzlichen Anordnungen erforderlich sind, stellen jedoch keine neuen Rechtssätze auf. Die Vollzugsvorschrift verpfUchtet nur die Behörden, an die sie sich richtet, kraft der Dienstgewalt. Natürlich kann die Er- gänzungsverordnung mit der Vollzugsvorschrift verbunden werden. Der Abdruck der Verordnungen in den Verordnungsblättern, welche die einzelnen Ministerien für ihren Dienstbereich herausgeben, hat nicht die rechtliche Bedeutung einer Veröffentlichung im Reichsgesetzblatt oder in den Landesgesetzblättern. Um Notständen zu begegnen, kann die Verfassung vorsehen, daß die Ver- ordnungsgewalt in solche Gebiete übergreife, die regelmäßig derGesetzgebung ange^ hören. Das ist der Fall bei den Notverordnungen, derVerhängung des sogenannten Ausnahmszustandes und der zeitweisen Einstellung der Geschworenengerichte. Die im § 14 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung vorgesehenen Not- verordnungen bezwecken Notständen zu begegnen, die daraus entstehen können, daß sich die dringende Notwendigkeit solcher Anordnungen, zu welchen verfassungsmäßig die Zustimmung des Reichsrates erforderlich ist, zu einer Zeit herausstellt, wo dieser nicht versammelt ist. Da die Einberufung des Reichsrates vielleichtzulangwierig oder untunlich und derWeg der Gesetzgebung nicht gangbar wäre, können solcheAnordnungenunterVerantwortlichkeit desGesamtministeriums durch kaiserliche Verordnung erlassen werden. Doch dürfen sie keine Abänderung eines Staatsgrundgesetzes bezwecken, keine dauernde Belastung des Staatsschatzes und keine Veräußerung von Staatsgut betreffen. Die Notverordnungen müssen durch die Berufung des oben erwähnten § 14 als solche gekennzeichnet und von sämtlichen Ministern unterzeichnet sein, Sie haben provisorische Gesetzeskraft. Provisorisch deswegen, weü sie dem nächsten nach ihrer Kundmachung zusammen- tretenden Reichsrate und zwar zuvörderst dem Abgeordnetenhause binnen vier Wochen nach diesem Zusammentritte zur Genehmigung vorzulegen sind. Ge- schieht das nicht oder wird die Genehmigung von einem der beiden Häuser des Reichsrates versagt, so erlischt die Gesetzeskraft. Das Gesamtministerium ist dafür verantwortlich, daß dieNotverordnung dann sofort außerWirksamkeit gesetztwird. Durch die Ausnahmsverordnung wird die Suspension gewisser Artikel des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger verfügt, also ein Ausnahmszustand herbeigeführt. Die Voraussetzungen und Folgen sind bereits im XXIV. Kapitel besprochen worden^). In diesem Zusammen- hange sind auch die Verordnungen zu erwähnen, durch welche die Geschworenen- gerichte zeitweilig eingestellt werden können^). Für diese Verordnungen sind ') Das Notverordnuiigsrecht wurde während der sogenannten Obstruktionsära (1897—1904) von der Regierung dazu benützt, um auch für regelmäßig wiederkehrende Bedürfnisse des Staates (die sogenannten Staatsnotwendigkeiten) Vorsorge zu tragen und andere dringliche Maß- nahmen der Gesetzgebung zu treffen.— ^) Vergl. oben S. 125. — *) Vergl. unten S. 156.
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Österreichische Bürgerkunde
Title
Österreichische Bürgerkunde
Author
Heinrich Rauchberg
Publisher
Verlag von F. Tempsky
Location
Wien
Date
1911
Language
German
License
PD
Size
16.4 x 24.0 cm
Pages
278
Categories
Geschichte Vor 1918
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