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Vor 1918
Österreichische Bürgerkunde
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160 XXXVII. Die Verwaltung. Sie vermittelt kein abgeschlossenes oder auch nur ausreichendes Wissen, will aber in dem Leser den Wunsch erwecken, sich solches zu verschaffen^). Die öffentliche Verwaltung ist in steter Erweiterung begriffen. DerUmschwung der Anschauungen über den Beruf des Staates im gesellschaftlichen und wirt- schaftlichen Leben^) bringt es mit sich, daß seiner Verwaltung— und das gleiche gilt auch von der Selbstverwaltung— immer neue und größere Aufgaben gestellt werden, so daß man von einem förmlichen Gesetz der Ausdehnung der öffentlichen Tätigkeit und des dadurch bedingten Bedarfes sprechen kann^). Bevor wir auf die einzelnen Verwaltungszweige eingehen, ist jene besondere Art der Verwaltungstätigkeit zu besprechen, die als Polizei bezeichnet wird. Das Wort Polizei hat im Laufe der Zeit seine Bedeutung geändert und wird auch jetzt nicht immer im gleichen Sinne gebraucht. Als der obsolute Fürstenstaat sich seiner Verwaltungsaufgaben bewußt ward, bezeichnete man die gesamte innere Verwaltung im Gegensatze zur Justiz als Polizei. Sie setzte die obrigkeitliche Gewalt ein, um einen guten Zustand der öffentlichen Ordnung herbeizuführen und sie vor Störung zu bewahren. Späterhin lernte man die Kultur- und Wohl- iahrtsinteressen auch in der Form der „Pflege", also ohne Gewaltanwendung fördern; nun schränkte man den Begriff der Polizei auf jenen Teil der inneren Verwaltung ein, der Zwangsgewalt erfordert. Eine brauchbare Einteilung der öffentlichen Verwaltung läßt sich daraus jedoch nicht ableiten. Denn Herrschafts- gewalt ist dem Staate in allen Zweigen seiner Betätigung eigen; auch zu Wohl- fahrtszwecken macht er von ihr Gebrauch, man denke nur an den Zwangs- charakter der Sozialversicherung. Der moderne Sprachgebrauch verwendet das Wort ,,Polizei", um den Zweck gewisser obrigkeitlicher Maßnahmen zu bezeichnen: nämlich die Bewalirung der öffentlichen Ordnung vor Störungen. In dieser Absicht macht der Staat von der Gesetzgebung wie von der Verordnungs-, Befehls- und Strafgewalt Gebrauch, um die Handlungsfreiheit der Staatsbürger soweit einzuschränken, wie es die öffentliche Sicherheit und Ordnung erfordert. Daraus entspringen die Polizei- gesetze, die Polizeiverordnungen, die individuellen Polizeigebote und -Verbote, «ndlich die zu ihrer Durchsetzung verhängten Polizeistrafen. Wie weit dabei im Einzelnen gegangen werden soll, darüber sind die Meinungen freilich geteüt. Je mehr Sinn für Gesetzlichkeit und Ordnung die Bevölkerung hat, desto weniger braucht sie polizeilich behütet und bevormundet zu werden. Dem Gedanken des Rechtsstaates entspricht die Anforderung, daß die Anordnungen der Polizei auf gesetzlicher Grundlage beruhen sollen, und daß der von diesen Anordnungen oder den zu ihrer Sicherungverhängten Strafen Betroffene die Entscheidung des Richters .anrufen könne. Die letztere Forderung ist in Österreich allerdings noch nicht ver- wirklicht. Die Polizei ist demnach ein Gesichtspunkt, der fast in allen Zweigen der inneren Verwaltung mehr oder weniger zur Geltung gelangt. Ist die staatliche Ordnung selbst Gegenstand des Schutzes, so spricht man von Staats- oder politi- ^) Die beste Handhabe hiezu bieten die auf S. 38 und 39 angegebenen Nachschlage- werke, für Fragen der Wirtschafts-, Sozial- und Finanzpolitik auch die daselbst genannten Lehr- bücher der Volkswirtschaftslehre und Finanzwissenschaft. — *) Vergl. darüber insbesondere .das XLII. Kapitel, S. 182 ff.— =•) Vergl. das XLVII. Kapitel, S. 218 f.
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Österreichische Bürgerkunde
Title
Österreichische Bürgerkunde
Author
Heinrich Rauchberg
Publisher
Verlag von F. Tempsky
Location
Wien
Date
1911
Language
German
License
PD
Size
16.4 x 24.0 cm
Pages
278
Categories
Geschichte Vor 1918
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