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XXXIX. Die Wehrmacht. 171
antwortlichkeit, hat aber keinen Einfluß auf die in den Wehr- und Steuergesetzen
begründeten Pflichten der Untertanen. Nur weil Ungarn 1867 auf jene Überreste
seiner ständischen Verfassung nicht verzichten wollte, sind sie damals der Gleich-
förmigkeit halber auch in die österreichische Verfassung aufgenommen worden.
Die Anforderungen der Wehrmacht schließen willkürliche Schwankungen in
der Höhe des Rekrutenkontingents aus. Sie bedingen ständige Einrichtungen und
einen stetigen Betrieb. Sach- und Personalbedarf stehen in einem technisch
gegebenen Verhältnisse und der durch die Organisation gegebene Rahmen muß
stets eingehalten werden. Daher stellt das Wehrgesetz die Stärke des Heeres auf
längere Zeit, in der Regel auf zehn Jahre hinaus, fest. Schon durch das Wehrgesetz
von 1868 ist die ziffernmäßige Kriegsstärke des Heeres für zehn Jahre auf 800.000
Mann festgelegt und dadurch auch das zur Feststellung einer solchen Kriegsstärke
erforderliche jährliche Rekrutenkontingent indirekt bestimmt worden. Diese Be-
stimmungen wurden bis 1889 verlängert. Das Wehrgesetz von 1889 ging zur
direkten Kontingentierung über, indem es auf zehn Jahre hinaus das z\vischen
Österreich und Ungarn nach dem Bevölkerungsschlüssel aufzuteilende Kon-
tingent für Heer und Flotte auf jährlich 103.000 Mann festsetzte. Dazu kam ein
Jahreskontingent von 10.000 Mann für die österreichische Landwehr (ohne Tirol
undVorarlberg) und von 12.500Mann für die ungarischeLandwehr. Eine Änderung
dieser Ziffern sollte nur auf Grund von Regierungsvorlagen zulässig sein. Vermöge
der Bestimmungen über die Dauer der Dienstzeit ergibt sich aus der Zahl der
jährlich eingestellten Rekruten von selbst die Friedens- und Kriegsstärke der
bewaffneten Macht^).
Die 1889 festgesetzte Zahl ist jedoch im Laufe der Zeit immer mehr hinter
den militärischen Bedürfnissen und dem Wachstum der Bevölkerung zurück-
geblieben. Die Absicht des österreichischen Gesetzes von 1903, das RelsTuten-
kontingent für Heer und Flotte auf 125.000 Mann jährlich zu erhöhen, ist daran
gescheitert, daß das entsprechende ungarische Gesetz nicht zustande gekommen
ist, wovon die Wirksamkeit des österreichischen Gesetzes abhängt^). Nur das
Rekrutenkontingent für die österreichische Landwehr wurde auf 19.240 Mann
erhöht^). In dem neuen Wehrgesetze w^ird das Rekrutenkontingent für Heer und
Kriegsmarine—abgesehenvondenvonBosnien und der Herzegowina zu stellenden
Rekruten— für das erste Jahr der Wirksamkeit dieses Gesetzes mit 136.000, für
das zweite Jahr mit 154.000 und für die folgenden neun Jahre mit 159.500 jMann,
im ganzen also für 12 Jahre, festgesetzt. Davon entfallen nach der Volkszählung
von 1900 auf Österreich 77.859, 88.164 und 91.313 Mann. Auch das Kontingent
der österreichischen Landwehr soll allmählich erhöht werden. Es beträgt für das
erste Jahr 20.700 Mann und erreicht mit dem sechsten Jahre nmd 27.000 Mann,
^) Die Standesübersicht des stehenden Heeres weist für Ende 1909einen (Aktiven-, Reserve-,
Ersatzreserve- und Urlauber-)Stand von 1,536.882Mann ans. Dazukommen rund 48.000Mann der
österreichischen und rund 32.800 Mann der ungarischen Landwehr. Die Flotte der k. u. k.
Kriegsmarine setzte sich Ende 1909 aus 171 Schiffen mit 24.0000 Tonnen Gehalt, 612.480
Pferdekräften und 1088 Geschützen zusammen. Darunter sind 12 Schlachtschiffe, 11 Kreuzer,
19 Torpedofahrzeuge, 24Hochseetorpedoboote, 56 Torpedoboote und 6 Unterseeboote und 14Fluß-
schiffe. Der Friedenspräsenzstand der Mannschaft betrug 15.349 Mann. Eine namhafte Ver-
mehrung der Seemacht ist im Zuge. — '^) Vergl. oben S. 64. — ^) Dazu 550 Mann, die Tirol
und Vorarlberg jährlich zu den Landesschützen stellen.
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Österreichische Bürgerkunde
- Title
- Österreichische Bürgerkunde
- Author
- Heinrich Rauchberg
- Publisher
- Verlag von F. Tempsky
- Location
- Wien
- Date
- 1911
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.4 x 24.0 cm
- Pages
- 278
- Categories
- Geschichte Vor 1918