Page - 176 - in Österreichische Bürgerkunde
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176 XL. Stand, Sicherheit und Gesundheit der Bevölkerung.
Eine Reihe von polizeilichen Maßnahmen, die sich gegen gefährliche
Personen wenden und eine Beschränkung der Freizügigkeit mit sich bringen,
ist unter diesem Gesichtspunkte schon früher erwähnt worden^). Hieher gehören
die Ausweisung Staatsfremder, die Abschiebung und Abschaffung Heimatsfremder,
die Stellung unter Polizeiaufsicht, die Maßnahmen zur Bekämpfung der Ai'beits-
scheu, der Landstreicherei und der Bettelei. Dem letzteren Zwecke dienen auch
die Naturalverpflegstationen, die auf landesgesetzUcher Grundlage
in Entfernungen von nicht mehr als einem Tagmarsch eingerichtet sind, um be-
schäftigungs- und mittellosen Personen auf kurze Zeit Unterkunft und Verpflegung
zw geben, die sie abzuarbeiten haben. Der Nutzen dieser Einrichtungen wird durch
die Verbindung mit einem allgemeinen Arbeitsnachweis erhöht.
Andere Maßnahmen sollen den Mißbrauch gefährlicher Sachen verhüten.
Die Waffenpolizei sucht zu verhindern, daß solche Personen Waffen be-
sitzen oder tragen, in deren Händen sie gefährhch werden können. Der Besitz,
Gebrauch und Transport von Sprengstoffen sowie der Handel mit solchen
und derGifthandel sind durch eingehende Vorschriften polizeilich und straf-
rechtlich geregelt. Mannigfache Vorschriften bezwecken die Verhütung von U n-
fällen, wo solche drohen. Hieher gehören unter anderem die Bestimmungen
über die Prüfung und Beaufsichtigung von Dampfkesseln und die Erprobung von
Handfeuerwaffen, die Maßnahmen der Straßen-, Bau- und Feuerpolizei u. s. w.
Störungen der öffentlichen Ordnung durch Massenbewegungen tritt
die Vereins- und Versammlungspolizei, in gewissem Sinne auch die Preßpolizei
entgegen^). Diese letztere, die Theaterpolizei und die behördliche Beaufsichtigung
öffenthcher Schaustellungen gehören zugleich dem weiteren Wirkungskreise der
Sittenpolizei an. Hiebei können auch künstlerische Interessen in Mitleiden-
schaft gezogen werden ; denn die Frage, ob ein Kunstwerk sittlich anstößig oder
ob ein Theaterstück aus öffentlichen Rücksichten zu verbieten sei, läßt sich nicht
immer einwandfrei und ohne die Kunst zu beeinträchtigen entscheiden.
3. Das öfientliche Gesundheitswesen.
Eine überaus wichtige Aufgabe ist der öffentlichen Verwaltung durch die
;Sorge um die G e s u n dh e i t der Bevölkerung gestellt. Die Verwaltung des
Gesundheitswesens zerfällt in zwei Gruppen: in die Medizinalverwaltung und in
die Gesundheitspolizei. Die Medizinalverwaltung sorgt für die Per-
sonen und Anstalten, die zur Heilung der Kranken und zur Wartung der Siechen
erforderlich sind. Hiehergehört dasBerufsrecht und dieÜberwachungderÄ r z t e'),
Apotheker^) und Hebammen, die Erhaltung der öffentlichen
1) Vergl. dasXXV. Kapitel, S. 126.— *) Vergl. oben S.134.— ')ZurAusübungdesärztlichen
Berufs sind nur solche Personen berechtigt, die an einer inländischen (oder der Budapester)
Universität den medizinischen Doktorgrad erworben haben. ZurWahrung seiner Berufsinteressen
ist der Ärztestand in denÄrztekammern organisiert. ^- *) Zum Betriebe einer öffentlichen
Apotheke ist eine Konzession erforderlich, die an bestimmte örtliche und persönliche
Voraussetzungen gebunden ist. Außerdem gibt es Apotheken, die als sogenannte Realgewerbe frei
verkäuflich sind; jedoch dürfen solche nichtmehr neu errichtetwerden. Die berufliche Ausbildung
der Apotheker wird durch eingehende Vorschriften geregelt. Die Berufsinteressen des Apo-
thekerstandes werden bis zur beabsichtigten Einrichtung von Apothekerkammern
•durch die Apothekergremien wahrgenommen.
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Österreichische Bürgerkunde
- Title
- Österreichische Bürgerkunde
- Author
- Heinrich Rauchberg
- Publisher
- Verlag von F. Tempsky
- Location
- Wien
- Date
- 1911
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.4 x 24.0 cm
- Pages
- 278
- Categories
- Geschichte Vor 1918