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Agnes58
konturlos und kam zweifelsohne nicht an die Einflussmöglichkeiten ihrer ottonisch-sali-
schen Vorgängerinnen heran, ein Umstand, der wohl auch im Verhalten Heinrichs und
seinem Verhältnis zu ihr begründet lag.
A. war nach ihrer väterlichen Großmutter, Agnes von Poitou († 4. 12. 1077), benannt. Ihre
ersten Lebensjahre wird A. in der Umgebung ihrer Mutter verbracht haben, deren Itinerar
von dem des Königs oftmals längere Zeit divergierte; jedoch wird wohl auch A. und nicht
nur, wie in den Quellen belegt, ihr Bruder Konrad beim Zug im tiefsten Winter über die Al-
pen und beim Zusammentreffen von Kaiser und Papst in Canossa 1077 dabei gewesen sein.
Wie einst ihr Großvater seinen Sohn wurde A. nun von ihrem Vater als Mittel zur Kon-
fliktbewältigung instrumentalisiert. In der Konfrontation Heinrichs IV. mit den deutschen
Fürsten hatte sich Graf Friedrich von Staufen, der Erbauer der Burg Hohenstaufen, als treu-
er Gefolgsmann bewährt. 1079 wurde ihm das Herzogtum Schwaben übertragen und ihm
die kleine A., die nicht älter als sechs oder sieben Jahren war, in die Ehe versprochen. Das
Kalkül Heinrichs war aufgegangen; Friedrich blieb zeitlebens ein treuer Parteigänger des
Saliers, vice versa profitierte auch die Familie der Staufer durch die Verbindung mit A. durch
einen enormen Zugewinn an Prestige, Macht und Besitz, eine Bindung die über den Tod
Heinrichs IV. hinausging und die im Selbstbewusstsein der Familie ihren Niederschlag fand.
Wo sich A. in der Folge bis zu ihrer Ehefähigkeit im Alter von etwa zwölf bis vierzehn
Jahren aufhielt ist unbekannt. Mit Friedrich von Staufen wurde sie einem Mann angetraut,
der um etwa 22 Jahre älter war als sie, und bereits eine Ehe hinter sich gehabt haben mag,
wenngleich darüber nichts bekannt ist. Die Ehejahre mit Friedrich dürfte sie auf der Burg
Staufen verbracht haben. Aus der Ehe mit Friedrich gingen entgegen der vom Historiker
Hans Martin Decker-Hauff (1917–1992) behaupteten Kinderzahl von elf, die auf seinen
eigenen falschen Quellenrekonstruktionen beruhten (Decker-Hauff 1977) und lange Zeit
die Forschung geprägt hatten, drei Kinder hervor: die Söhne Friedrich, der seinem Vater
im Herzogsamt nachfolgte und Konrad, der spätere Kaiser Konrad III; die beiden waren
beim Tod ihres Vaters 15 bzw. 12 Jahre alt; die Tochter Gertrud dürfte noch im Kindesalter
gewesen sein.
A. ist zusammen mit Friedrich und den beiden Söhnen Mitbegründerin des Benedikti-
nerklosters Hirsauer Prägung Lorch im Remstal (wohl um 1100), dessen Klosterkirche von
1140 –1208 als eine der Grablegen der Familie, darunter als prominenteste die aus Byzanz
stammende Kaiserin Irene († 1208) diente, und wohin auch der 1105 verstorbene Friedrich
umgebettet wurde. Zur Ausstattung dürfte auch Heiratsgut der A. verwendet worden sein.
A. war im selben Jahr Witwe geworden als ihr Vater Heinrich IV. von seinem eigenen Sohn
und A.‘ jüngsten Bruder Heinrich (V.) abgesetzt wurde; auch dieser Sohn wie zuvor schon
Konrad hatte sich gegen den Vater erhoben. In einem Punkt scheint aber der jüngere Hein-
rich von seinem Vater gelernt und diesen sogar noch an Dreistigkeit übertroffen zu haben,
wenn man bedenkt, dass A. eine Frau war, die das dreißigste Lebensjahr überschritten hatte,
Mutter dreier Kinder und ihr Bruder, der vom Alter ihr Sohn hätte sein können, aus macht-
politischen Überlegungen bedenkenlos gegen seinen eigenen Vater dessen eigene Tochter
in die Waagschale warf, um eine Wende zu seinen Gunsten herbeizuführen. Von einem
gemeinsamen Plan der Geschwister oder einer Zustimmung der A. berichten die Quellen
nichts (Zey 2008). Am Höhepunkt der Auseinandersetzung – die beiden Heinriche, Vater
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 1, A – H
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1422
- Category
- Lexika