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Altmann-Loos92
jährigkeitserklärung und heiratet am 4. Juli 1919 den mittlerweile geschiedenen Adolf Loos
im Wiener Rathaus; ihren Hochzeitstag verbringt das Ehepaar Loos auf der Baustelle eines
der Häuser, die nach Loos‘ Entwürfen gebaut werden.
Die Karriere von E. A.-L. als Tänzerin beginnt im Alter von 16 Jahren in der Schwarzwald-
schule, wo sie 1915 debütiert und auch Tanzstunden gibt. Im Mai 1919 hat E. A.-L. ihren
ersten öffentlichen Tanzabend im Wiener Konzerthaus. Sie tanzt Strauss-Walzer, Partien
aus Schubert-, Chopin- und Offenbachstücken. Beachtlichen Erfolg hat die junge Tänzerin
auch mit einer Darbietung des nach dem Ersten Weltkrieg verbotenen Radetzkymarsches,
den sie in der Kostümierung eines Gassenbuben tanzt. Ihre Engagements führen sie 1920
nach Paris, 1921 nach Karlsbad und Marienbad, 1922 geht sie auf Tournee nach Zagreb,
Triest, Venedig, Portofino und San Remo, sie tanzt an den Münchner Kammerspielen, im
Wiener Ronacher, tritt in Cabarets und Nachtlokalen auf. In Nizza hat sie schließlich ein
festes Engagement und gibt auch Tanzstunden. Obwohl die Darbietungen von E. A.-L. in
verschiedenen Wiener Zeitungen positive Kritiken erhielten, blieb der ganz große Erfolg
aus. Das mag auch daran gelegen haben, dass hauptsächlich E. die Finanzierung der Le-
benshaltungskosten oblag, so konnte sie bei ihren Engagements kaum wählerisch sein und
musste auch die von ihr ungeliebten Tanzstunden geben. 1923 ist E. schließlich erschöpft
von der auch körperlich anstrengenden Tätigkeit, sie will Schauspielerin und Sängerin
werden und bewirbt sich im Theater an der Wien bei Direktor Hubert Marischka, der ihr
einen Zweijahresvertrag gibt und ihr die Soubrettenrolle in „Gräfin Mariza“ anbietet. In
den folgenden Jahren hat E. A.-L. einige Erfolge auf der Bühne; ihre PartnerInnen waren
Hans Moser, Willi Forst, Karl Farkas und Betty Fischer. Sie war ein gefeierter Bühnenstar
der bereits ausklingenden Zeit der Wiener Operette. Ende 1926 bekommt E. A.-L. einen
Vertrag für eine Tanzabendserie in Amerika, in dieser Zeit findet die endgültige Trennung
von Adolf Loos statt. 1924 stirbt der Vater von E. A.-L., er war um ein Jahr jünger als ihr
Ehemann. E. A.-L. baut in den darauffolgenden Jahren eine eigene Tanzgruppe auf. 1933
schließt sie einen Vertrag für eine Tournee in Argentinien ab, im selben Jahr stirbt Adolf
Loos und setzt E. zu seiner Universalerbin ein, ein Erbe, das sie nicht antreten kann, da es für
sie als Jüdin nicht ratsam ist, aus Argentinien in das faschistische Wien der dreißiger Jahre
zurückzukehren. Die Erbschaftsangelegenheit, die sich durch den Zweiten Weltkrieg weiter
kompliziert, kann bis zum Tode von E. A.-L. nicht geklärt werden. In Argentinien baut sie
sich ein neues Leben auf, zu Beginn der sechziger Jahre schreibt E. A.-L. ihre Erinnerungen
an ihre Ehe mit Adolf Loos nieder, das Buch erschien 1968 und in der zweiten Auflage 1984,
im Jahr ihres Todes.
Die Memoiren von E. A.-L. „Mein Leben mit Adolf Loos“ enthält nur teilweise Biografisches
der Autorin, wichtiger als ihr eigener Lebensweg scheint ihr der ihres berühmten Ehemanns
zu sein. Die Jahre nach ihrer Trennung von Loos beschreibt die Autorin überhaupt nicht. Sie
zeichnet jedoch ein deutliches Bild des Lebens von Künstlerinnen und Künstlern im Wien
der zwanziger Jahre, von denen einige der bedeutendsten ihrer Zeit zum Freundeskreis des
Ehepaares Loos zählen, wie zum Beispiel Karl Kraus, Peter Altenberg, Arnold Schönberg,
Alban Berg und Anton Webern. Oskar Kokoschka ist ein besonders enger Freund von Adolf
Loos und zeichnet das Bild „Arielse“, ein Portrait von E. A.-L., das er ihr zum Hochzeitsge-
schenk macht. Auch das Ehepaar Schwarzwald zählt zu den näheren Bekannten der Loos.
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 1, A – H
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1422
- Category
- Lexika