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Ungarn den Frieden zu wahren. Möglicherweise wurde ihr erneut die Statthalterschaft über-
tragen. Mit verschiedenen Reichsfürsten, so mit Herzog Ludwig VII. von Bayern-Ingol-
stadt (reg. 1413 –1447), Markgraf Friedrich I. von Brandenburg (reg. 1415/17–1440), Herzog
Friedrich I. dem Streitbaren von Sachsen (reg. 1423–1428), als auch mit König Władisław II.
Jagiełło von Polen (reg. 1386–1434) und Großfürst Witold von Litauen (reg. 1392–1430)
stand sie in brieflicher Verbindung.
B., die in wirtschaftlichen Belangen geschickt agierte, hat in den Anfangsjahren ihrer Ehe
Besitzungen in räumlicher Anlehnung an den Familienbesitz der Cillier erworben und ver-
mehrt. 1424 und 1427 führte sie mit Sigismund Tauschverträge durch, sodass die in Ungarn
ertragreichen Bergstädte mit Gold-, Silber-, Eisen- und Bleivorkommen in ihre Hände
gelangten. Bei Sigismunds Tod standen zudem 28 Burgdomänen und viele Krondomänen,
von denen sie einige durch Kauf in ihren Privatbesitz überführen konnte, unter ihrer Kon-
trolle, und sie hatte das Recht, die Gespane von vier Komitaten aus dem Kreis ihrer famili-
ares zu ernennen. 1426 sind ihr drei Herrschaften in Mähren, im darauffolgenden Jahr die
Einkünfte mehrerer königlicher Städte in Böhmen (Chrudim, Hohenmaut, Policka, Melnik
und Königsgrätz) überschrieben worden. Im März 1436 in Ofen übertrug ihr Sigismund die
Einnahmen der anlässlich seiner Kaiserkrönung ausgeschriebenen und den Juden des Rei-
ches auferlegte Judensteuer von Alemannien, Arelat und Italien. Hinzu kamen nach ihrer
Krönung zur böhmischen Königin die ihr in dieser Funktion zustehenden üblichen Leib-
gedinge. Durch das sich jährlich steigernde Einkommen wurde B. zur wichtigsten Geldge-
berin ihres Mannes.
Nach Beendigung der Hussitenkriege und durch die Annahme der Iglauer Kompakta-
ten (5. Juli 1436), wodurch in Böhmen eine Doppelkonfessionalität – Katholizismus und
Utraquismus – anerkannt wurde, entspannte sich die Lage. Am 23. August 1436 zog er
feierlich mit B. an seiner Seite in Prag ein, um sich mit ganzer Kraft der Konsolidierung
der Verhältnisse des nach den Kriegswirren zerrütteten Landes zu widmen. Die Krönung
B.s zur Königin von Böhmen erfolgte am 11. Februar 1437 durch den Konzilslegaten und
Administrator Philibert de Montjeu, Bischof von Coutances (amt. 1424–1439). Bis zum
Spätherbst 1437 gab es keinen offenkundigen Gegensatz zwischen Sigismund und seiner
Frau. Im Juli 1437, als er von Prag nach Eger reiste, um mit den deutschen Fürsten über die
Hussitenfrage zu verhandeln, hat er ihr und Menhart z Hradce (Meinhard von Neuhaus)
(† 1449), dem Oberstburggrafen, die Regierung des Landes übertragen. Der alternde und
kränkelnde Kaiser fühlte sein Ende nahen. Ohne dass sich die Lage in Böhmen konsolidiert
hätte, war er zusammen mit B. und mit großem Gefolge am 11. November 1437 in Rich-
tung Ungarn aufgebrochen, um nicht in Böhmen sterben zu müssen. Am 21. November
traf er in Znaim ein, wo ihn bereits Tochter und Schwiegersohn, der seit 1421 in Mähren
regierte, erwartete. Noch nicht genügend geklärt sind die Gründe, die schließlich zum of-
fenen Bruch und zur Verhaftung B.s am 5. Dezember 1437 in Znaim entweder auf Befehl
des Kaisers oder seines designierten Nachfolgers, seines Schwiegersohnes Albrecht, führte,
nachdem bereits am 26. Dezember ihr Wagentroß beschlagnahmt und der Verwahrung der
Pressburger Bürger anheim gestellt worden war. Ebenso wenig lassen sich die politische
Ambitionen, die B. verfolgte, näherhin bestimmen. Zwei Tage später wurde B. mit ihrem
Gefolge nach Pressburg gebracht. Am 9. Dezember starb Sigismund. Sein Leichnam wurde
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 1, A – H
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1422
- Category
- Lexika