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nen verboten hatte, andererseits durch Andeutungen einiger Klassenkameradinnen nur un-
deutlich wahrgenommen hatte, zunehmend klarer. 1925 übersiedelt die Familie Steiner nach
Wien. M. besucht jetzt das Gymnasium in Währing und freundet sich dort mit einer Gruppe
sozialistischer Mitschülerinnen und Mitschüler an. Während der Ausschreitungen des Jahres
1927 werden sie und ihr Schulkollege Franz Bönsch, der später ihr Ehemann werden sollte,
zu Augenzeugen des Justizpalastbrandes.
Laufbahn: Noch im selben Jahr bekommt sie eine Anstellung im Zsolnay-Verlag, drei
Monate später übersiedelt sie nach Berlin. Diese Übersiedlung bedeutet eine Trennung
von Franz Bönsch, der ihr erst 1929 nach einem mehrwöchigen Fußmarsch durch die
Tschechoslowakei, nach Berlin folgen kann. Franz und M. Bönsch leben in bitterer Armut
in einem winzigen Zimmer im Berlin der Wirtschaftskrise. Dennoch ist es für die zwan-
zigjährige M. eine aufregende Zeit. Sie nimmt an zahlreichen politischen Diskussionen teil
und lernt die deutsche Kommunistin Clara Zetkin kennen. Zu dieser Zeit tritt M. B. in die
Kommunistische Partei ein. Sie arbeitet bei dem Gründer der internationalen Arbeiterhilfe,
Willi Münzenberg, als Sekretärin. Münzenberg organisiert auch den größten antifaschis-
tischen Propagandaapparat in Deutschland. Als M. B. von einer Friedenskonferenz, an der
sie gemeinsam mit Willi Münzenberg teilgenommen hat, nach Berlin zurückkehrt, wird sie
verhaftet und ausgewiesen. Sie bleibt jedoch illegal in Berlin bis es ihr im zunehmend natio-
nalsozialistischen, gewalttätigen Deutschland zu gefährlich wird. Sie kehrt gemeinsam mit
Franz Bönsch nach Wien zurück. Im Mai 1933 wird hier die Kommunistische Partei verbo-
ten; für ihre aktiven Mitglieder beginnt eine Zeit der Konspiration und der Illegalität. Kurz
nach Niederschlagung des Februar aufstandes 1934 tritt die Partei an Franz und M. Bönsch
heran. Sie sollten Schutzbündlern, die sich aktiv an den Februarkämpfen beteiligt hatten
und deren Leben und Freiheit nun in dem von Engelbert Dollfuß errichteten austrofaschis-
tischen Ständestaat äußerst gefährdet waren, dabei helfen sich über die tschechoslowakische
Grenze in Sicherheit zu bringen. Nach einigen Schwierigkeiten gelingt die Fluchthilfe für
vierzehn Bürgerkriegsteilnehmer über die March. 1935 wird M. B. beim Betreten einer „il-
legalen Wohnung“ verhaftet. Laut Polizeiprotokoll ist diese Wohnung das Zentral-, Agi-
tations- und Propagandabüro der Kommunistischen Partei für ganz Österreich. M. B. wird
die Mitwirkung bei der „Herstellung und dem Vertrieb illegaler Druckwerke“ nachgewiesen.
Sie wird mit anderen Genossinnen und Genossen, darunter auch Franz Bönsch, wegen
Hochverrates verurteilt. Das Strafmaß für M. B. beträgt fünf Jahre Haft. Nach fünfzehn
Monaten Gefängnisaufenthalt kommt sie jedoch bei der Juli-Amnestie 1937 frei. Da sowohl
Franz als auch M. Bönsch nun polizeibekannt sind, wird die politische Tätigkeit für sie zu
gefährlich. So flüchten sie noch vor vielen anderen österreichischen politischen AktivistIn-
nen nach England. Ihr Exil soll elf Jahre lang dauern. Nach zweijährigem Aufenthalt auf
dem Land übersiedeln Franz und M. Bönsch 1939 nach London. Hier beginnen beide im
Rahmen des Austrian Centers, der bedeutendsten österreichischen Emigrantenorganisation
in Großbritannien, zu arbeiten. M. B. betätigt sich im 1941 gegründeten Koordinations-
komitee österreichischer Frauen als Sekretärin und hat in der Landesleitung der KPÖ in
England das Frauenressort über. Franz Bönsch gründet gemeinsam mit Fritz Schlechter und
Franz Schulz das österreichische Exiltheater „Laterndl“. Er schreibt neben Albert Fuchs,
Erich Fried und Eva Priester Stücke für das Exiltheater, das sich der Pflege der österreichi-
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 1, A – H
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1422
- Category
- Lexika