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Brauner410
Brauner Theresia; Firmeninhaberin
Geb. ?
Gest. ?
Laufbahn: Besaß eine Puppen-, Puppenkopf- und Spielwarenerzeugung in der Payergasse
in Wien, 1921 war als Inhaber Franz Brauner angegeben.
L.: Parzer-Belmonte 1996
Braunsteiner Hermine, auch Braunsteiner-Ryan; KZ-Aufseherin
Geb. Wien, 16. 7. 1919
Gest. Bochum, Deutschland, 19. 4. 1999
Herkunft, Verwandtschaften: Der Vater war Metzger.
Ausbildungen: Besuchte von 1925 bis 1933 die Volks- und Hauptschule.
Laufbahn: Wurde unpolitisch und katholisch erzogen. H. B. arbeitete 1934 –1938 in einer
Brauerei und als Haushaltsgehilfin. Danach bis 1939 in einer Munitionsanstalt tätig. Ende
der 1930er Jahre wohnte sie bei einem Polizeibeamten, der sie vom Nationalsozialismus über-
zeugte. 1938/1939 bewarb sie sich aufgrund besserer Bezahlung und Arbeitsbedingungen
erfolgreich im KZ Ravensbrück. Sie trat ihren Dienst am 15. August 1939 dort an und wurde
zur Aufseherin ausgebildet. Schneller Aufstieg in der Aufseher-Hierarchie, sie wurde 1941
Leiterin der Kleiderkammer in Ravensbrück. H. B. wurde am 16. Oktober 1942 in das KZ
Majdanek versetzt, hier wurde sie nach nur einem halben Jahr Rapportführerin und kurz da-
rauf Stellvertreterin der Oberaufseherin Else Ehrich. Unter den Insassen galt B. als die grau-
samste und brutalste Aufseherin. Sie trat Häftlinge mit ihren Stiefeln, weshalb sie „Kobyla“
(dt. Stute) genannt wurde, und fiel v. a. durch ihre grausame Behandlung von Kindern auf, die
sie als „nutzlose Esser“ betrachtete und oft peitschte, wenn sie zu hastig zu ihren Essenskübeln
stürzten. Im Januar 1944 wurde sie in das KZ Ravensbrück zurückversetzt, zunächst als Lei-
terin des Nebenlagers Genthin und dann auch Oberaufseherin. Nach Auflösung des Lagers
Anfang Mai 1945 floh H. B. vor den sowjetischen Truppen zurück nach Wien. Hier wurde sie
ein Jahr später verhaftet und den Alliierten ausgeliefert. Nach zwei Jahren in Internierungs-
und Kriegsgefangenenlagern wurde sie 1949 vom „Landesgericht für Strafsachen in Wien als
Volksgericht“ für ihre Taten in Ravensbrück zu drei Jahren schwerem, verschärftem Kerker
verurteilt, jedoch schon im Frühjahr 1950 wieder freigelassen. H. B. wanderte acht Jahre später
mit dem US-Soldaten Russel Ryan nach Kanada aus, heiratete ihn und zog daraufhin mit
ihm zusammen in die Vereinigten Staaten in den New Yorker Stadtteil Queens. Ihre NS-Ver-
gangenheit hielt sie geheim und so erhielt sie 1963 die US-amerikanische Staatsbürgerschaft.
Ein Jahr später wurde sie jedoch von Simon Wiesenthal aufgespürt, worauf sie unter großem
medialen Interesse ausgebürgert werden sollte. 1971 verzichtete H. B. rückwirkend auf die
US-Staatsbürgerschaft und war somit staatenlos. Sie wurde 1973 verhaftet und von den USA
an Deutschland ausgeliefert. Hier kam sie zunächst wegen Fluchtgefahr in Untersuchungs-
haft. Im Jahr 1975 wurde H. B. im Majdanek-Prozess zusammen mit acht anderen Mitar-
beitern des Lagers angeklagt. Die Vorwürfe gegen sie lauteten „gemeinschaftlicher Mord
in 1.181 Fällen und Beihilfe zum Mord in 705 Fällen“. Sie wurde aufgrund einer Kau
tion
ihres Ehemanns 1976 aus der Untersuchungshaft entlassen, wurde aber 1977/1978 wieder in
U-Haft genommen, da sie versucht hatte, eine Zeugin einzuschüchtern. Sie wurde im Jahr
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 1, A – H
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1422
- Category
- Lexika