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Crispina | C 531
superior und Standort der Legio XIIII gemina, dort wo Marc Aurel einen Teil seiner Selbst-
betrachtungen (Tà eis heautón) verfasst hat (Tà en Karnountó). Die Dauer des Aufenthalts
der C. in Karnuntum lässt sich nach den Lebensdaten des Commodus recht genau bestim-
men: Abreise an die Donau (profectio in Germaniam) am 3. August 178, Tod des Marc Au-
rel am 1. März 180 in Vindobona oder Bononia nahe Sirmium, danach Friedensschluss des
Commodus mit den Germanen und Rückkehr nach Rom. Am 22. Oktober 180 Triumph
über die Germanen in Rom. C. hat sich daher – Hin- und Rückreise abgerechnet – zwi-
schen dem Herbst 178 und dem Herbst 180 in Karnuntum aufgehalten.
Ihr weiterer Lebensweg bis zu ihrer Verbannung nach Capri im Herbst 192 bleibt im Dunkel
der Überlieferung. Während ihrer 14-jährigen Ehe, die scheinbar kinderlos geblieben war,
hat sie in den 180er Jahren Commodus auf die verschiedenen Feldzüge in den Donau-Bal-
kan-Raum begleitet. Vielleicht auch 188 in seinen letzten Germanenkrieg (expeditio germa-
nica III). Zu dieser Zeit könnte sie sich auch in der Provinz Thracia aufgehalten haben, wo
ihr die Stadt Philippopolis (Plovdiv, Bulgarien) Münzen hat prägen lassen mit dem feinen
Profilporträt auf der Vorderseite und dem Kopf der Stadtgöttin (Tyche) auf der Rückseite.
Es ist dies nicht die einzige Münze der C. Auch die römische Münze hat im Auftrage des
Commodus mehrfach Münzen mit Porträts der C. ausgeprägt mit verschiedenen Göttinnen
und Personifikationen auf der Rückseite, typischen „Damenreversen“, wie sie auch für ande-
re Kaiserinnen vor und nach C. gemünzt worden sind.
Es ist anzunehmen, dass Commodus schon 189 nach Rom zurückgekehrt ist und Rom bis
zu seinem Ende am 31. Dezember 192 nicht mehr verlassen hat. Dies gilt auch für C. Im
Herbst 192 jedoch hat Commodus C. unter dem Vorwurf des Ehebruchs (adulterium) nach
Capri verbannt, wo er sie auch hinrichten ließ.
Glaubt man seinen Biografen, muss Commodus in den letzten Jahren seiner Herrschaft unter
einem Syndrom sich steigender Wahnvorstellungen gelitten haben, einer Kombination von Ver-
folgungs- und Caesarenwahn, verbunden mit einem exzessiv ausschweifenden Lebens
wandel.
Ermordet wurde er auf Anstiften einer Beischläferin namens Marcia von seinem Sport
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Narcissus. So hat Commodus seine verstoßene Gattin nur um wenige Wochen überlebt.
Über C. und später auch über Commodus hat der Senat nach deren Tod die damnatio me-
moriae, die Tilgung ihres Andenkens, verhängt.
Dass die Namen C.s und Commodus auf dem Grabstein in Karnuntum der Rasur entgan-
gen sind, lässt sich profan deuten: Niemand hat sich um den Grabstein eines Sklaven auf
dem zivilen Friedhof in Karnuntum gekümmert. So konnte sich die Nachricht über den
Aufenthalt der kaiserlichen Hofhaltung und der Kaiserin C. im Karnuntum der Jahre 178
bis 180 bis heute erhalten.
Qu.: Aurelius Victor, De Caesaribus 17, Cassius Dio, Römische Geschichte 73, Historia
Augusta, Vita d. Commodus Antonius.
L.: Birley 1993, Gaheis 1937, Gardener 1995, Hampl 1966, Kandler 2004, Kienast 2004,
Kubitschek/Frankfurter 1923, Marquardt 1886 (1990), Stahl 2005, Swoboda 1964, Topalilov
2012, Vorbeck 1980
Hannsjörg Ubl
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 1, A – H
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1422
- Category
- Lexika