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Damisch | D 547
zeugung teurer Seidenstoffe wurde durch die merkantilistischen Ideen dieser Zeit gefördert,
allerdings in Richtung industrieller Fertigung, was im Widerspruch zum alten Zunftsystem
stand, und in späterer Zeit zur Verdrängung des alten Handwerks führte. Zu dieser Zeit flo-
rierte jedoch auch das bürgerliche Gewerbe, was wohl für Joseph Damiani den Anreiz dar-
stellte, das väterliche Gewerbe nicht zu übernehmen – ein sehr außergewöhnlicher Fall, da
es aufgrund der restriktiven Zunftregeln nur schwer möglich war, außerhalb eines ererbten
oder erheirateten Gewerbes tätig zu werden. Ch. und Joseph gaben sich 1738 das offizielle
Eheversprechen, in dem auch genau festgelegt wurde, welcher Ehepartner wie viel Kapital
in die Ehe einzubringen gedenkt. Nach der Eheschließung sollten alle Gewinne und Ver-
luste zwischen den Ehepartnern geteilt werden – ein deutliches Indiz, dass die Mithilfe der
Ehefrau hoch angesehen war. Das erste Ehejahr verbringt das Paar noch in seinem Haus in
Gumpendorf, das Joseph Damiani 1736 erworben hatte, danach siedelten sie sich aufgrund
der besseren Lage für ihr Gewerbe endgültig in Neustift an. Diese Ehe war auch tatsächlich
privat und finanziell erfolgreich. Als Joseph Damiani im Jahr 1771 verstarb, hinterließ er
ein perfekt eingerichtetes Zeugmachergewerbe mit allen notwendigen Utensilien, Bargeld,
Wertgegenstände wie Mobiliar, Silber und Schmuck, sowie die zwei Häuser in Neustift und
Gumpendorf. Ch. D. blieben noch weitere fünf Lebensjahre, die sie als Witwe zubrach-
te. In dieser Zeit kümmerte sie sich allein um das Zeugmachergewerbe ihres verstorbenen
Gatten und gab ihr erworbenes Wissen an ihren Sohn Franz weiter. Einige Zeit vor ihrem
Tod wurde sie allerdings pflegebedürftig, weshalb sie das Gewerbe endgültig an ihren Sohn
übertrug und sich in ihr Haus nach Gumpendorf zurückzog, wo sich ihre Tochter Regina
um sie kümmerte. Ihren Sohn Franz betrachtete sie jedoch mit einigem Misstrauen. In ih-
rem Testament kommt ihm nur ein kleines Erbe des vorhandenen Vermögens zu, weil, wie
sie selbst es begründete, er wegen seiner bekannten Misswirtschaft „nur alles durchbringen“
würde. Der Sohn verklagte daraufhin seine Schwester Regina, ihm sein Erbteil unterschla-
gen und zu Lebzeiten der Mutter bereits Wertsachen aus deren Haus entfernt zu haben, um
sie seinem Zugriff zu entziehen. Der Magistrat sprach trotzdem Regina Weiß den Haupt-
teil des Vermögens zu und respektierte den Wunsch der Verstorbenen. Daneben folgte Ch.
D. dem Beispiel vieler anderer Frauen und vermachte ihren Besitz nicht nur ihren Kindern,
sondern auch der Armenkasse, dem Schulfonds und der Kirche für Seelenmessen. Aufgrund
der großzügigen Beträge der Spenden (100 Gulden für diverse Stiftungen) und der hohen
Anzahl der Messen (100 Messen in verschiedenen Kirchen Wiens und Gumpendorf) kann
man schließen, dass es ihr nicht nur um den Beweis ihrer Frömmigkeit, sondern auch um
ihren Wunsch nach sozialer Bedeutung weit über den Tod hinaus zu tun war.
Qu.: WStLa: Alte Registratur. Bericht vom 27. Mai 1777. Alte Ziviljustiz. Verlassenschafts-
abhandlungen vom 26. Dezember 1771 und 23. Juli 1776.
L.: Kretschmer 2000 Sigrid Kretschmer
Damisch Dorothea; Bibliothekarin
Geb. 15. 4. 1919, Wien
Gest. 23. 8. 1998, Wien
Ausbildungen und Laufbahn: Nach dem Besuch der Volks- und Hauptschule ab 1938 bis
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 1, A – H
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1422
- Category
- Lexika