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Dengel | D 571
Dengel Anna; Ärztin, Missionarin und Nonne
Geb. Steeg, Tirol, 16. 3. 1892
Gest. Rom, Italien, 17. 4. 1980
A. D. wird am 16. März 1892 in dem kleinen Dorf Steeg in Tirol geboren. Sie ist die älteste
Tochter des Paramentenmachers Edmund Wilhelm Dengel und seiner Frau Gertrud, die
bereits im September 1900 stirbt und die achtjährige A. mit ihrem Vater und ihren vier
Geschwistern zurücklässt. Die Kinder wachsen in Hall in Tirol auf. A. erhält bei den Salesi-
anerinnen eine gründliche Erziehung, die auch die Vermittlung von Fremdsprachenkennt-
nissen beinhaltet. Eine Ausbildung, die zu dieser Zeit nicht selbstverständlich ist, besonders
nicht für Mädchen. Der Kontakt der jungen A. D. zur katholischen Kirche ist in mehrfacher
Hinsicht gegeben. Zum einen durch das Elternhaus – der Vater fertigt die Kleidung der
Priester und sonstige textile Ausstattung der Kirche an
– zum anderen durch die katholische
Schule, die sie besucht. Es mag nicht zuletzt auf diesen Einfluss zurückzuführen sein, dass
A. D. schon in jungen Jahren zu dem Entschluss kommt, nicht zu heiraten und eine Familie
zu gründen, um damit den überlieferten Ordnungen für ein junges Mädchen ihrer Zeit zu
entsprechen, sondern ihr Lebensziel in einer beruflichen Tätigkeit zu suchen, die sie aus-
füllt. Ihre guten Fremdsprachenkenntnisse lassen sie zunächst den Beruf der Sprachlehrerin
in Betracht ziehen. A. D. wird deutschsprachige Betreuerin in der „Association familiale
des Chartreux“ in Lyon. In dieser Funktion übersetzt sie eine chirurgische Abhandlung
vom Deutschen ins Französische. Sie ist von dem Artikel so angetan, dass sie beschließt,
Krankenpflegerin zu werden. An ein Medizinstudium wagt sie, eine junge Frau vom Land,
zu Anfang des 20. Jahrhunderts noch nicht einmal zu denken. Die Medizin ist nicht das
einzige Gebiet, zu dem sich A. D. hingezogen fühlt, sie empfindet auch die Berufung zur
Ordensfrau, genauer gesagt zur Missionsschwester, in sich. Zu diesem Zeitpunkt hört sie
von der schottischen Ärztin Agnes McLaren, welche eine junge Katholikin sucht, die be-
reit ist, sich als Ärztin für die Mission nach Indien ausbilden zu lassen. A. D. sieht dies als
Fingerzeig Gottes an und glaubt sich vorerst am Ziel ihrer Träume, doch bis es tatsächlich
soweit ist, hat sie noch einen weiten und beschwerlichen Weg vor sich.
Über London reist A. D. zu Dr. McLaren nach Cork in Irland, um dort Medizin zu stu-
dieren. Der 1. Weltkrieg macht sie plötzlich zur feindlichen Ausländerin. Dadurch sind
die Möglichkeiten, aus Österreich finanzielle Unterstützung zu erhalten, blockiert. A. D.
verdingt sich daher als Magd, um ihr Studium beenden zu können. Am 17. Oktober 1919
promoviert sie schließlich zum Doktor der gesamten Heilkunde und kehrt 1920 für kurze
Zeit nach Österreich zurück. Ihr Gesuch um eine Arbeitsbewilligung als Ärztin in Indien
wird genehmigt. A. D. reist nach Bombay und von dort nach Rawalpindi, dem vorläufigen
Ziel ihrer Reise. In Rawalpindi führen die Missionarinnen Mariens, ein zu den Franziska-
nerinnen gehörender Orden, eine kleines Spital. Eine Ärztin wird in dem indischen Ort
dringend gebraucht, da sich die einheimischen Frauen nicht von einem Mann untersuchen
lassen dürfen. A. D. kann sich in ihrer Eigenschaft als Ärztin frei bewegen, während die
Missionsschwestern das Kloster kaum verlassen. Trotzdem fühlt A. D. immer stärker die
Berufung zur Ordensfrau in sich, doch das damalige Kirchenrecht verbietet Priestern und
Ordensleuten jede Art der ärztlichen Tätigkeit. Trotz dieses Verbotes sucht A. D. um Auf-
nahme in den Orden der Missionarinnen Mariens an, ihrem Gesuch wird zwar entsprochen,
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 1, A – H
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1422
- Category
- Lexika